44 - FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
es sei denn, daß sie kriegführende Partei sei oder solche Rechte vertrags-
mäßig zugestanden worden sind. Im fremden Wassergebiete haben Kriegs-
schiffe Exterritorialität zu beanspruchen. Dagegen sind alle anderen See-
schiffe, mögen sie dem Erwerb durch Seeschiffahrt dienen, also Handels-
fahrzeuge sein, mögen sie anderen Interessen gewidmet werden, einem
Staate oder Privaten gehören, der Gebietshoheit des Aufenthaltsstaats trotz
ihrer fremden Nationalität nicht entzogen. Nur haben sich nach dem
Vorgange der Franzosen hier weitgehende Konzessionen zugunsten des
Flaggenstaats Eingang verschafft, auch vertragsmäßige Sicherung erhalten.
Das Kennzeichen der Schiffsnationalität ist die Nationalflagge, Unter-
Maggenrecht. op ejdungszeichen der Kriegsmarine der Wimpel. Gegen Flaggen-
anmaßung wird nur seitens der in ihrem Flaggenrecht verletzten Regierung
eingeschritten. Privatschiffe legitimieren sich erforderlichenfalls durch die
heutzutage überall sehr vereinfachten Schiffspapiere oder F laggenzeugnisse.
Jedes Schiff muß einen Namen führen und erhält seitens der dem inter-
nationalen Signalbuch beigetretenen Staaten ein Unterscheidungssignal.
In Sicht von Festungswerken, auf denen die Nationalflagge weht, des-
gleichen nach ausgebrochenem Kriege in Sicht von Kriegsschiffen der
kriegenden Mächte ist jedes Schiff verpflichtet, seine Flagge zu zeigen.
Daß die von den Seestaaten unter landesrechtlich noch immer sehr ver-
schiedenen Bedingungen zu verleihende Schiffsnationalität auch gegenseitig
anerkannt werde, dafür haben zwar zahlreiche Schiffahrtsverträge gesorgt.
Fehlt es an solchen, so hat sich freilich ein unbedingtes, in Frieden und
Krieg Platz greifendes Recht auf eine solche Anerkennung bis jetzt noch
keineswegs durchgesetzt.
D. Der territoriale Verkehr.
I. Die Verkehrsfreiheit. Die im völkerrechtlichen Verbande stehen-
den Mächte haben mit der Anerkennung der zwischen ihnen bestehenden
Verkehrsgemeinschaft auch das eigene Staatsgebiet dem internationalen
Privatverkehr zu Lande und zu Wasser eröffnen müssen. Nicht allein
Keine Verkehrs- Wäre Absperrung eines Landes vom Weltverkehr, mag sie durch ihn
Pör® selbst, mag sie durch eine dritte Macht — in Friedenszeiten — erfolgen,
rechtswidrig; würde also jeder betroffenen Regierung die Befugnis zu
gewaltsamer Öffnung der verschlossenen Grenzen geben. Vielmehr kann
Rechtsschutz auCh kein Staat als befugt gelten, den Ausländern, lediglich weil sie
jer Person. Fremde sind, den Übertritt auf sein Territorium oder den Aufenthalt in
demselben zu verwehren, den Schutz und die Bürgschaften seines privaten
und öffentlichen Landesrechts, die Teilnahme am Genusse der hier be-
stehenden öffentlichen Einrichtungen zu entziehen. Selbst die Massenaus-
treibung der Angehörigen eines bestimmten Landes gilt heutzutage nur
als Repressalie oder als kriegerische Hostilität für statthaft. Ebensowenig
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