Full text: Systematische Rechtswissenschaft (Teil 2, [Häflte 2], Abteilung 8)

448 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht. 
larer Jurisdiktion beruhen. Nach völkerrechtlicher Regel gebührt Exterri- 
torialität den souveränen Personen und ihrem Gefolge; sodann den Personen 
mit diplomatischem . Charakter im Residenzstaat samt dem zu ihnen ge- 
hörigen Personal; endlich den Truppenteilen des Landheeres und der 
Marine. Die persönliche Immunität erstreckt sich auch auf die für den 
Gebrauch des Exterritorialen bestimmten Räume, Effekten, Mobilien, Fahr- 
zeuge. Demgemäß sind Kriegsschiffe exterritorial. 
II. Das autonome Recht. Immer aber erhält der internationale 
Personen-, Güter-, Schiffahrtsverkehr seine Regelung durch die Staatsgewalt 
des Landes, auf dem er sich vollzieht. Ihr steht es zu, den Auslandsverkehr 
ihrer souveränen Ordnung zu unterwerfen, ihn unter polizeiliche Kontrollen 
zu stellen, unter sachlichen, örtlichen, zeitlichen Restriktionen zu halten, 
mit Zöllen und Abgaben zu belegen, auch verschiedene Nationen auf 
Das Retorsions- differenziellem Fuße zu behandeln. Insbesondere ist kein Staat gebunden, 
"°C. Ausländer in gleichem Umfange wie die Inländer an seiner Rechtsordnung 
zu beteiligen. Vielmehr ist es jedem unverwehrt, den Erwerb und Besitz 
einzelner bürgerlicher Rechte durch Gesetz von der Staatsangehörigkeit 
abhängig zu machen. Freilich muß er sich gefallen lassen, daß für jede 
Rechtsungleichheit, mit der er einen fremden Staat belegt, ihm von dort 
her mit gleichem Maße gemessen wird. Eine Retorsion ist kein unfreund- 
licher Akt, und mit Repressalien hat sie begrifflich nichts zu tun. 
ILL Das konventionelle Recht. Den internationalen Privatverkehr 
im Landbereich zu pflegen, zu sichern, zu begünstigen ist eine Haupt- 
aufgabe der Staatsverträge. In unübersehbarer Fülle und Mannigfaltigkeit 
der zu regelnden Verkehrsbeziehungen suchen sie ihr gerecht zu werden. 
Die Handels- Unter ihnen nahmen seit der Zeit der Utrechter Friedensschlüsse die erste 
Verträge. Stelle ein die Kommerzientraktate, bis weit in das 19. Jahrhundert hinein 
fast die einzige Form nicht politischer Staatsverträge. Ursprünglich in 
merkantilistischem Sinne auf staatskluge Erlangung von Handels- und 
gewerblichen Vorteilen im Herrschaftsbereiche des Vertragsgegners ab- 
zielend, sind sie im Laufe der Neuzeit mit ihren in stereotyper Weise 
abstufenden Klauseln: Zusicherung voller und gänzlicher Handelsfreiheit, 
Zusicherung der Behandlung auf dem Fuße der Meistbegünstigung, Zu- 
sicherung der Gleichstellung von Ausländern und Inländern, sehr ver- 
schiedenen wirtschaftlichen Systemen dienstbar gemacht worden. Doch 
gab die bunte Mannigfaltigkeit ihres Inhalts allmählich die Veranlassung, 
behufs detaillierter Regelung einzelner Materien, spezielle Vertragstypen 
abzuzweigen. Man pflegt heutzutage unter den Verkehrsverträgen zu 
sondern die Handelsverträge i. e. S., die sich vornehmlich auf Handels- 
und Gewerbebetrieb, Wareneinfuhr und -Ausfuhr beziehen und ent- 
weder Tarif- oder Meistbegünstigungsverträge sind. Seit dem Jahre 18092 
haben sie sich für Mitteleuropa zu einem Vertragssystem mit identischen
	        
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