G. Die Organisation des amtlichen Staatenverkehrs. II. Das Konsulatswesen. 465
innerhalb der erst im Laufe der Neuzeit dem völkerrechtlichen Verbande
6 hinzugetretenen Staaten eingenommen wird; diese pflegen im Hinblick
€ darauf als die Länder der konsularen Jurisdiktion zusammengefaßt zu
Me werden. Ihre Zahl hat sich allmählich gemindert. Es gehören heutzutage
Mn zu ihnen das türkische Reich mit seinen Nebenländern auf Grund der
h Kapitulationen, für welche die noch gegenwärtig geltende französische
ß vom 28. Mai 1740, sowie der russische Handelsvertrag vom 21ı. Juni 1783
das Muster abgegeben hat; demnächst Persien, Marokko, China, Siam,
Me Korea, Oman, Sansibar, auf Grund der Verträge und der Meistbegünsti-
h gungsklausel. Hier überall gebührt den Konsuln nicht allein die volle
1- gesandtschaftliche Unverletzlichkeit für sich und die Konsulatsangehörigen,
t sondern üben sie auch neben den sonstigen konsularischen Obliegenheiten
E die Gerichtsbarkeit in streitigen und nicht streitigen Sachen, sowie die
- Polizeigewalt über die Nationalen und Schutzgenossen ihres Jurisdiktions-
bezirks, welche also insoweit gegenüber den Landesbehörden als exterri-
De torial gelten. Diese haben sowohl in Zivil- als auch in Kriminalsachen
5 den Gerichtsstand vor ihrem Konsul. Jedoch in gemischten Prozessen,
it nämlich in solchen, wobei Einheimische, sei es als Kläger, sei es als
in Beklagte, sei es als Verletzte beteiligt sind, ist den Konsulatsbehörden
5 mehrfach nur eine im einzelnen näher geregelte Mitwirkung bei der von
n; Landesgerichten zu übenden Rechtspflege eröffnet worden: so von jeher
A in der Türkei. Der Rechtszustand in den verschiedenen Rechtsgebieten
Se konsularer Jurisdiktion ist sehr disparat. Gerichtsverfassung, Verfahren,
SF Instanzenzug richtet sich nach den jeweiligen Gesetzen eines jeden Juris-
h diktionsstaats, für welche das französische Gesetz vom 28. Mai 1836 vor-
te bildlich gewesen ist. Die buntscheckige Vielheit fremder Gerichtsbarkeiten
e innerhalb der nämlichen Bezirke bildet die Ursache oft beklagter Mißstände.
n Deren Behebung kann bei der Unmöglichkeit, die mühsam erlangte
- Schutzwehr von Rechtsgütern christlich- europäischer Zivilisation gegen-
über den stets von Ausbrüchen eines religiösen und fremdenfeindlichen
Ss Fanatismus bedrohten Bevölkerungen preiszugeben, nur in beschränktem
ut Umfange in Aussicht genommen werden. Doch pflegt die Übernahme
3) jener Gebiete in Protektorat oder gar eigene Verwaltung zivilisierter
S Staaten das Aufhören der Fremdengerichtsbarkeit zur Folge zu haben.
1- Immerhin ist ein erfolgreicher Versuch, die Konsularjurisdiktion zu Die gemischten
% beschränken, für Ägypten von den Kapitulationsmächten in gegenseitigem m Karben
x Einverständnis gemacht worden. Es haben nämlich fünfzehn Staaten
nz vertragsmäßig durch Adhäsion zu dem ägyptischen R2olement d’une
ie organisation four les fproces mixtes vom 16. September 1875, mit den
x Novellen vom 26. März 1900, einer Einschränkung ihrer dortigen Konsular-
l. jurisdiktion auf Zeit zugestimmt. Ein Teil derselben ist danach den vize-
königlich ägyptischen gemischten Landesgerichten übertragen worden, bei
3 deren Besetzung sie konkurrieren. Deren Zivilgerichtsbarkeit erstreckt
@ sich auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Zivil- und Handelssachen, zwischen
DIE KULTUR DER GEGENWART. II. 8.
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