20 RUDOLPH SOHM: System des bürgerlichen Rechts.
eingebrachten Frauengut), sind aber doch niemals Vermögensrechte, wenn
und weil sie lediglich kraft einer bestimmten persönlichen Eigenschaft und
nicht Kraft eines jedermann zugänglichen verkehrsmäßigen Tatbestands
zuständig sind.
Das Eigentümliche der personenrechtlichen Rechte ist demgemäß ihre
Unverfügbarkeit. Darin beruht ihr Gegensatz zu den Vermögensrechten.
Die Vermögensrechte sind ein Gegenstand willkürlicher Veräußerung, Be-
lastung. Sie werden verkehrsmäßig erworben, übertragen, aufgegeben.
Sie stellen freies Vermögen im vollen Sinne des Wortes dar. Die Rechte
personenrechtlicher Art aber sind gebundene Rechte. Sie können, auch
wenn sie güterrechtliche Bedeutung haben, niemals einen Gegenstand des
Verkehrs bilden. Der Ehemann kann nicht bloß seine ehemännliche Gewalt,
sondern ebenso auch seine ehemännliche Nutznießung am Frauengut niemals
veräußern, noch verpfänden, noch können diese Rechte von der Zwangs-
vollstreckung in sein Vermögen ergriffen werden. Die personenrechtlichen
Rechte stehen außerhalb des Verkehrs und darum außerhalb des Ver-
mögens im Rechtssinne. Die personenrechtlichen Rechte sind darum von
der Zahl der „Gegenstände“ im Sinne des bürgerlichen Rechts (d.h. der
Vermögensgegenstände) ausgeschlossen.
Von den personenrechtlichen Rechten handeln die Rechtssätze des
Familienrechts und des Erbrechts (das vierte und das fünfte Buch). Das En
Familienrecht regelt die persönlichen und die güterrechtlichen Wirkungen N S m
der Familienverhältnisse (der Ehe, des Elternverhältnisses, der Vormund- AS
schaft) unter Lebenden, das Erbrecht die güterrechtlichen Wirkungen der Malle
Familienverhältnisse von Todes wegen. Das Erbrecht bestimmt die Wirkung
des Familienverbandes auf den Nachlaß (die gesetzliche Erbfolge der Ver-
wandten und des Ehegatten), sowie die Macht des Erblassers, diese Wirkung
durch Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) auszuschließen.
Auch das Erbrecht ist ein Teil des Familiengüterrechts, d. h. des Personen-
rechts.
So zerfällt das System des im bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen
Privatrechts außer dem allgemeinen Teil, der die grundlegenden Rechts-
sätze für das ganze Privatrecht bringt, in zwei große Glieder: einerseits
das Vermögensrecht (Schuldrecht und Sachenrecht), anderseits das Recht
der personenrechtlichen Rechtsverhältnisse (Familienrecht und Erbrecht).
Das Vermögensrecht (zweites und drittes Buch) bedeutet die Eigentums-
ordnung, das Personenrecht (viertes und fünftes Buch) die Familien-
ordnung der Gegenwart.
A, Allgemeine Lehren.
I. Die natürliche Person. Die erste Voraussetzung für das Bestehen
von Privatrechten ist das Dasein eines rechtsfähigen Subjekts (einer Person).
Es gibt zwei Arten von Personen: natürliche und juristische Personen.