Full text: Einleitung in die Philosophie

$ 15. Der Materialismus. 115 
in die Form einer einheitlichen Theorie gebracht worden sind, 
können hier natürlich nicht im MKEinzelnen wiedergegeben 
werden. Genug, daß die Erklärung der Naturerscheinungen auf 
der bezeichneten Grundlage von Tag zu Tage vollständiger 
gelingt, daß neue Beobachtungen fortwährend das Bild er- 
gänzen und den durchgängigen gesetzmäßigen Zusammenhang 
aller Erscheinungen, ihre durchgängige Abhängigkeit von be- 
stimmten physischen Bedingungen wieder und wieder bestätigen. 
Die Erklärung der Naturvorgänge aus diesen ihren jeweiligen 
physikalischen Bedingungen — aus dem „physischen Causal- 
nexus“ — macht vor keiner Schranke Halt. Auch die Vor- 
gänge im lebenden Organismus werden von Gesetzen derselben 
Art beherrscht, wie sie sich in der anorganischen Welt als 
wirksam erweisen: auch innerhalb unseres Nervensystems weist 
die Naturwissenschaft jeden Vorgang als abhängig von be- 
stimmten physischen Bedingungen nach, ohne deren Dasein 
der Vorgang nicht eintreten kann, mit deren Eintritt aber 
auch jedesmal der fragliche Vorgang als notwendige Folge 
verknüpft ist. 
8 15. Der Materialismus. 
Schon gelegentlich der früheren allgemeinen Betrachtungen 
über Dogmatismus und Empirismus wurde darauf hingewiesen, 
daß das naturwissenschaftliche Weltbild, wie dasselbe im 
Vorigen skizziert wurde, ein doppelte Deutung zuläßt. 
Entweder nämlich können die darin auftretenden hypo- 
thetischen Begriffe im rein empiristischen Sinne, d. h. als 
bloße Bilder zur zusammenfassenden Darstellung der 
beobachteten Tatsachen aufgefaßt werden. Es wird ihnen 
alsdann nicht irgend eine Bedeutung jenseits unserer Er- 
fahrungen beigemessen, sondern sie dienen einzig dazu, die 
Gesetze der. Erscheinungen in übersichtlicher, einfacher Form 
zur Darstellung zu bringen. Es besteht in diesem Falle 
keinerlei Gegensatz zwischen der Welt der sinnlich wahrnehm- 
baren Erscheinungen und einer von diesen Erscheinungen selbst 
verschiedenen materiellen Welt, sondern der Begriff der letzteren 
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