120 $ 15. Der Materialismus,
gängen in unserem Nervensystem, welche jenen Empfindungen
zu Grunde liegen. Müßten wir doch sonst von all diesen
physikalischen und physiologischen Vorgängen dieselbe un-
mittelbare Kenntnis haben, die wir von den genannten Sinnes-
empändungen besitzen. Tatsächlich besitzen wir jene Kenntnis
nicht; das Einzige, was uns in jenen sinnlichen Wahrnehmungen
bekannt wird, sind vielmehr die bestimmten Qualitäten eben
jener Farbe und eben jenes Tones, wie sie uns Allen vor jeder
Kenntnis ‚physikalischer und physiologischer Tatsachen von
Kind auf geläufig sind. Diese Erscheinungen unseres Be-
wußtseins sind also nicht nur tatsächlich in voller Bestimmt-
heit vorhanden, sondern sie sind auch von den zu Grunde
liegenden materiellen Vorgängen dürchaus verschieden. Wie
aber kommen sie deun zu Stande? Und wenn sie noch so
sehr Trugbilder sein sollten — wie kann mit dem tateäch-
lichen Bestehen dieser Trugbilder noch die Behauptung im
Einklang bleiben, daß nichts existiert als die Materie und
ihre Bewegungen?
Man sieht, wie die Erkenntnis des Gegensatzes von Kr-
scheinungswelt und objectiver Welt den naturalistischen Monis-
mus auch auf dieser seiner höchsten. Entwicklungsstufe rettungs-
los zu Fall bringt: der Materialismus scheitert an der Un-
möglichkeit, die Erscheinungswelt zu erklären, das erste Ver-
zaittlungsproblem zu lösen; Das tatsächliche Dasein einer
von der materiellen Grundlage verschiedenen Erscheinungswelt
widerlegt den Grundsatz, daß nichts existiere als die Materie
und ihre Bewegungen. Sobald einmal der Gegensatz entdeckt
ist, in welchem die sinnlichen Wahrnehmungen mit ihren
bunten Qualitäten zu der sinnenfremden Welt des objectiven
Seins stehen, treten die Probleme zu Tage, deren Lösung auf
Grund des materialistischen Princips nicht mehr gelingen kann.
Eine Zeit lang sucht der Materialismus noch sein Dasein
durch eine Inconsequenz. zu £risten, indem er seiner mechanmni-
schen Theorie der objectiven Welt eine sensualistische
Theorie des Bewußtseins anfügt: kann schon das Dasein einer
Weit der Bewußtseinserscheinungen nicht in Abrede gestellt
werden, so soll sie döch zum Mindesten nur aus den Em pfin-
dungen der Sinne sich zusammensetzen, deren Abhängigkeit
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