Full text: Einleitung in die Philosophie

Ethischer Materialismus. 121 
von physischen Bedingungen Niemand bestreiten kann. Allein 
selbst wenn diese Zurückführung aller Bewußtseinsvorgänge 
auf sinnliche Empfindungen sich halten ließe, so bleibt doch 
auch diese Rettung nur eine scheinbare. Mit der ausdrück- 
lichen Annahme einer von den materiellen Vorgängen ver- 
schiedenen Empfindungswelt ist das materialistische Primeip 
bereits verlassen. Ein Dualismus ist an die Stelle des 
Monismus getreten und die Vermittlungsprobleme müssen über 
kurz oder lang ihre verheerenden Wirkungen üben. 
Einer ähnlichen Inconsequenz wie der eben bezeichneten 
machen sich diejenigen Vertreter der materialistischen Ansicht 
schuldig, welche auf irgend einem Wege eine positive ethi- 
sche Theorie mit der metaphysischen Position des Materialis- 
mus zu verknüpfen suchen. Wenn nichts existiert als Materie 
und ihre Bewegungen, alle Bewußtseinserscheinungen dagegen 
bloße Täuschungen sind, so verliert jede ethische Fragestellung 
ihren Sinn. Es ist eben deshalb zum Mindesten ein unge- 
rechter Vorwurf, wenn man die materialistische Weltansicht 
als solche auch für den „ethischen Materialismus“ ver- 
antwortlich macht, der freilich im Gefolge der materialistischen 
Überzeugungen praktisch leicht auftreten kann, wo die Con- 
sequenzen der Theorie nicht zu Ende gedacht werden. Wer 
von. den Consequenzen des Materialismus nur die Negation 
der moralischen Verantwortlichkeit und des jensei- 
tigen Lebens beachtet, mag allerdings aus dieser Negation 
die Berechtigung zum Haschen nach möglichst ausgiebigem 
Sinnengenuß herleiten. Dem materialistischen Prineip aber 
entspricht ein solches Verhalten in keiner Weise, da diesem 
Princip gemäß der sinnliche Genuß ebensowenig wie irgend 
eine andere. Bewußtseinstatsache positiv gewertet werden 
kann. Wenn nichts existiert als Materie und ihre Bewegungen, 
so sind alle Bewußtseinserscheinungen als solche völlig gleich- 
gültig, und zu einer Bevorzugung des sinnlichen Genusses besteht 
unter dieser Voraussetzung nicht die leiseste Berechtigung. 
Historisch finden wir die mäterialistische Weltanschauung 
zum ersten Mal strenge formuliert bei Demokrit, Mit 
seinem Ausspruche, daß nichts existiert als die Atome
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.