Full text: Einleitung in die Philosophie

152 8 15. Der Materialismus. 
und der leere Raum, erklärt Demokrit die materielle Grund- 
lage der Erscheinungen ausdrücklich für das einzige wahrhaft 
Seiende; den Qualitäten unserer sinnlichen Wahrnehmungen 
spricht er dieses wahre Dasein ebenso ausdrücklich ab. Von 
den späteren. Formen des Materialismus unterscheidet sich seine 
Theorie vor allem dadurch, daß sie die Seele gleichfalls als 
besondere „Stoffart“ — bestehend aus den feinsten und darum 
beweglichsten Atomen — einführt und in der Bewegung dieser 
„Seelenatome“ die Grundlage für die Erklärung der psychischen 
Tatsachen sucht. Da die sinnliche Wahrnehmung, die Demo- 
krit durch das Eindringen von „Ausflüssen“ der wahrgenom- 
menen. Gegenstände hervorgebracht denkt, gleichfalls auf der 
Art der Bewegung jener Seelenatome beruht, so gibt sie als 
subjectiv bedingt keine wahre Erkenntnis der Objecte; diese 
kann vielmehr nur durch das Denken gewonnen werden. Die 
Ethik Demokrits fußt gleichfalls auf diesem eleatischen Gegen- 
satz des Sinnenscheins und des wahren, nur durch das Denken 
zu erkennenden Seins. Die sinnliche Lust ist nur eine schein- 
bare, der kein wahres Dasein zukommt; die wahre Lust ist 
nur durch das denkende Erkennen zu gewinnen, Wie durch 
die wechselnde Sinnenlust die Unruhe, so wird durch das Er- 
kennen die ruhige, der Meeresstille zu vergleichende Bewegung 
der Seelenatome herbeigeführt, in welcher das wahre Glück 
des Menschen besteht. Man sieht, wie dieser verschiedenen 
Wertung einer wahren und einer bloß scheinbaren Glückselig- 
keit die Bewertung der Glückseligkeit selbst als still- 
schweigende Voraussetzung zu Grunde liegt. Mit dem materia- 
listischen Princip ist eine solche Voraussetzung offenbar 
unverträglich: in der Welt der bewegten Materie hat weder 
der Begriff der Glückseligkeit noch irgend ein darauf gegrün- 
deter Wertunterschied Platz. Das ethische Bedürfnis führt 
schon den ersten. Vertreter der materialistischen Weltanschauung 
ihm selbst unbewußt über die Einseitigkeit dieser Weltan- 
schauung hinaus. 
Im Altertum wird, wie die mechanische Naturerklärung, 
so auch die materialistische Auffassung der Welt zunächst 
durch andere Interessen in den Hintergrund gedrängt. Auch 
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