Full text: Einleitung in die Philosophie

Sensualistische Skepsis. 125 
sondern, d. h. zu unterscheiden, wieviel von unserem Weltbilde 
jener subjectiven Quelle und wieviel der Beschaffenheit der 
objectiven Welt als solcher zuzuschreiben ist. Ja noch mehr. 
Wenn wir darauf verzichten müssen, dem objectiven Weltbilde 
irgendwelche sinnlichen Qualitäten zu belassen — weil ja 
eben alle Qualitäten der sinnlichen Wahrnehmung durch sub- 
jective Factoren ‚mitbedingt sind und somit der objectiven 
Welt als solcher nicht zugeschrieben werden können —-, so 
bleibt uns keinerlei Material mehr übrig, aus welchem wir das 
Bild der objectiven Welt, ja nur einen verständlichen Be- 
griff einer solchen Welt aufbauen könnten. Die Erkenntnis 
der objectiven Welt bleibt uns also völlig verschlossen: 
wir änden uns auf die subjeetiven Erscheinungen als auf das 
einzige Gebiet unseres Erkennens beschränkt; jede Hoffnung, 
die Grenze dieses Gebietes zu überschreiten, ist uns benommen. 
Man bezeichnet die Weltanschauung, welche in der sinn- 
lichen Wahrnehmung die einzige Quelle unserer Erkenntnis 
zu finden meint, als Sensualismus. Die eben angeführte 
Betrachtung zeigt zunächst, daß diese Ansicht zum skepti- 
schen Verzicht auf die Erkenntnis einer objectiven 
Welt führt. Von dieser sensualistischen. Skepsis aber zur 
Negation des Begriffs der objectiven Welt, zur Leugnung 
ihres Daseins und somit zum dogmatischen Idealismus 
ist nur mehr ein kleiner Schritt. Wenn uns keinerlei Möglich- 
keit bleibt, uns vom Dasein der objectiven Welt eine Vor- 
stellung zu bilden — mit welchem Rechte reden wir dann 
überhaupt von einer solchen Welt? Von ihr zu sprechen, 
ohne daß wir sie uns überhaupt zu denken vermögen, scheint 
ein Widerspruch: die einzige consequente Behauptung, die wir 
über sie aufstellen können, ist in diesem Fall nur eben die, 
daß sie nicht zu denken ist — daß wir von ihr nicht nur 
nichts wissen, sondern daß es überhaupt keinerlei Sinn hat, 
von ihr zu reden. 
Sensualistische Skepsis und dogmatischer Idealismus unter- 
scheiden sich also nur insofern, als die erstere die naturalisti- 
sche Voraussetzung der objectiven Welt noch festhält und 
somit dualistisch bleibt, indem sie, obwohl sie ein positives 
Wissen von der objectiven. Welt für unmöglich. erklärt, 
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