LP 8 18, Der naturalistische Dualismus.
ist ein Gut, nur das Laster ein Übel; alles Übrige ist gleich-
gültig.
Als das richtige Verhalten erscheint nach diesen Bestim-
mungen das consequente Verhalten, welches stets seinem.
inneren Gesetze treu bleibt und sich nicht durch irgendwelche
äußere, diesem Gesetze fremde Einflüsse aus seiner Bahn
bringen läßt. Mit diesem Princip stimmt fast vollständig das-
jenige überein, dem wir später als Grundsatz der Kantschen
Ethik wiederbegegnen werden.
In einem ungelösten Widerspruch blieb dies ethische
Princip, welches die Möglichkeit des ‚Aandelns in Überein-
stimmung mit unserer vernünftigen Erkenntnis, d.h. die Frei-
heit des Handelus voraussetzt, mit der wesentlich materia-
listischen Metaphysik der Stoiker, Die Frage, wie jene
Freiheit sich mit der durchgängigen Bestimmtheit alles
Geschehens durch das Weltgesetiz vereinigen lasse, vermag
die stoische Philosophie nicht zu beantworten.
8 18. Der naturalistische Dunalismus.
Die Betrachtungen des vorigen Abschnittes haben gezeigt,
zu welchen Veränderungen des natürlichen Weltbildes die Frage
nach dem Ursprung unserer Erkenntnis der objectiven Weit
führen kann, solange die psychologische Analyse der Entstehung
unserer Begriffe nicht consequent in Angriff genommen wird.
Es bleibt uns noch übrig, diejenigen Formen philosophischer
Systembildung ins Auge zu fassen, weiche zwar dem Gegensatz
des objectiven Seins und der Bewußtseinserscheinungen — der
„Außen- und Innenwelt“ — ihre Aufmerksamkeit zuwenden,
jene erkenntnistheoretische Frage aber nicht stellen, sondern
den eben genannten Gegensatz als einen selbstverständlich ge-
gebenen in naturalistischer Weise hinnehmen und auf irgend
einem Wege die Vermittlung zwischen den beiden Gliedern
dieses Gegensatzes zu gewinnen suchen.
Diese naiv-dualistische Ansicht wird sich notwendiger
Weise überall da einstellen, wo einerseits die psychische Welt
als ein neben der materiellen Welt bestehendes Tatsachen-
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