Leibnitz. A)
der Vielheit der begrenzten Erscheinungen vollkommen un-
begreiflich.
Auch Leibnitz’ Monadenlehre muß trotz ihrer erkennt-
nistheoretischen Wendung den naiv-dualistischen Systemen zu-
gezählt werden. Die Tatsache, daß Leibnitz den Begriff der
Substanz als eines selbständig beharrlich KExistierenden neben
den Erscheinungen des Bewußtseinslebens durchweg als ge-
geben voraussetzt, würde freilich noch nicht hinreichen, um
seine Thecrie als eine naiv-dualistische zu charakterisieren.
Der Inhalt, welchen Leibnitz jenem „Grundbegriff der Meta-
physik“ gibt, scheint im Gegenteil der naiven Ansicht zu
widersprechen: die Substanzen sind nach ihm durchaus nicht
materialistisch aufzufassen, sondern durchgängig als geistige
Wesen, als vorstellend und tätig zu denken. Aus solchen vor-
stellenden und tätigen und insofern persönlich-einheitlichen In-
dividuen oder „Monaden“ besteht die gesamte Welt; die räumliche
Ausdehnung dieser Welt ist die Art, wie sich die Ordnung der
gleichzeitig existierenden Monaden unserer sinnlichen Auffassung
darstellt. Für die Veränderung in den gegenseitigen Beziehungen
der Monaden — die Bewegung derselben im Raume — ist
mechanische Causalität maßgebend. Andererseits entwickelt
sich das Innenleben jeder Monade nach einer ihr immanenten
Gesetzmäßigkeit. Die Erlebnisse ihres Vorstellungsverlaufes
sind nicht durch die Änderungen ihrer äußeren Beziehungen,
durch die Vorgänge in der Außenwelt verursacht: die Monaden
haben keine Fenster, durch welche die Einwirkungen der
Außenwelt in sie eindringen könnten; jede Monade ist viel-
mehr durchaus in sich abgeschlossen.
Hinsichtlich dieser Entwicklung des geistigen Lebens ist
Leibnitz zu erkenntnistheoretischen Ergebnissen gelangt, welche
denen. der gleichzeitigen englischen psychologisch-erkenntnis-
theoretischen Philosophie zum Teil vorauseilen. Daß ihn
aber diese erkenntnistheoretische Untersuchung dennoch nicht
von den Fesseln des naiven Dualismus zu befreien vermochte,
zeigt sich in der Art, wie seine Metaphysik sich mit dem
ersten Vermittlungspoblem abzufinden sucht: wenn uns
unsere Erlebnisse trotz jener Selbstgenügsamkeiß unserer
geistigen Entwicklung mit den Vorgängen der Außenwelt in
15er
a