% $ 22. Die Associationspsychologie.
Zweifel zu lassen, wollen wir die Urteilslehre der Associations-
psychologie etwas ausführlicher betrachten.
Wie. jedes Erlebnis, welches nicht dem Gebiete der sinn-
lichen Empfindungen ausschließlich angehört, so kann auch
das Urteil für die Associationspsychologie nur entweder als
einfaches Element unseres Bewußtseinsverlaufes oder aber
als ein Complex solcher Bestandteile in Betracht kommen,
die durch Association mit einander in Verbindung getreten
sind. Eine Erklärung im ‚letzteren Sinne lag um so näher,
als die traditionelle Logik im Urteil eine „Verbindung von
Subjects- und Prädicatsvorstellung“ sah — so daß also etwa
das Urteil „der Himmel ist blau“ in der „Verbindung“ der
Vorstellungen des „Himmels“ und der „blauen Farbe“ bestünde.
Ein Teil der Associationspsychologen adoptierte diese Erklärung,
folgerichtig mit dem Zusatz, daß die fraglichen Verbindungen
sich durch Association im Laufe unserer Erfahrung gebildet
haben. Gegenüber dieser Erklärung erhebt sich aber alsbald
die Frage, wie sich denn das so definierte Urteil von den-
jenigen Associationen unterscheide, in welchen kein Urteil
enthalten ist — wie z. B. der Association der Vorstellungen
von Tag und Nacht, die doch nicht mit dem Urteil zusammen-
fällt, daß der Tag die Nacht ist. Einige suchten diese Frage
dahin zu beantworten, daß im Urteil eine untrennbare Asso-
eiation. vorliege und daß eben. diese Untrennbarkeit das Wesen
des Urteils ausmache. Es bedarf indessen nicht langen Be-
sinnens, um diesen Ausweg als einen Irrweg zu erkennen.
Bestände das Urteil „der Himmel ist blau“ in einer untrenn-
baren Association der beiden Vorstellungen, so wären wir ja
nicht im Stande, den Himmel auch einmal anders als blau,
etwa grau vorzustellen und entsprechend zu beurteilen. Zur
Abwehr dieses Einwandes beschränkte man die behauptete
Untrennbarkeit der Assoeiation auf den Augenblick, in welchem
das Urteil vollzogen wird. Hiermit aber wäre offenbar ge-
rade der charakteristische Unterschied des Urteils gegenüber
anderweitigen Associationen wieder aufgegeben: denn im
Augenblick ihres Auftretens ist tatsächlich jede be-
liebige Association eine „untrennbare“ —- wir können sie im
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