Abstufungen der Ähnlichkeit. 223
Wie in diesem, so lassen sich die Nachwirkungen unserer
vergangenen Erlebnisse als Factoren des gegenwärtigen Zu-
standes in allen Fällen aufweisen, in welchen es sich um KEr-
gebnisse unserer psychischen Entwicklung handelt —
gleichviel ob diese Nachwirkungen im gegebenen Momente als
solche von uns unterschieden und beurteilt werden oder nicht.
Die Forderung der Analyse eines gegebenen psychischen Tat-
bestandes wird hiernach nur dann erfüllt sein, wenn nicht
bloß die einheitliche Qualität jedes augenblicklich unterschie-
denen Inhaltes als solchen, sondern auch die Nachwirkungen
der früheren Erlebnisse aufgezeigt sind, durch welche die Be-
deutung dieses gegenwärtigen Tatbestandes bedingt ist. Mit
anderen Worten, psychologische Analyse muß, um vollstän-
dig zu sein, stets die genetische Analyse der Bedeutungen
einschließen. Hätte die Associationspsychologie diese Forde-
rung erkannt, so würde sie vor ihren skeptischen Consequenzen
bewahrt geblieben sein.*)
Zugleich mit der Ähnlichkeit der Inhalte sind uns auch
Abstufungen dieser Ähnlichkeit unmittelbar erkennbar. Eine
Farbe wird nicht nur mit allen anderen Farben als gleichartig
im Gegensatz etwa zu den Tönen erkannt, sondern auch ins-
besondere als gleichartig mit dieser oder jener bereits bekannten
Farbe im Gegensatze zu anderen, minder ähnlichen Farben.
Wie anf dieser Unterscheidung größerer und geringerer Ähn-
lichkeiten die Differenzierung unserer Wahrnehmungsbegriffe
beruht, wird aus den unten folgenden Betrachtungen hervor-
gehen.
Durch das Wiedererkennen erhalten unsere Erlebnisse ihre
größere oder geringere Bestimmtheit: was wir abgesehen
von. der einfachen Wahrnehmung unserer Bewußtseinsinhalte
von eben diesen Inhalten wissen, ist stets durch die Erkenntnis
ihrer Ähnlichkeitsbeziehungen zu anderen Inhalten bedingt.
Wo wir suecessive und ununterbrochen gleichartige Teil-
inhalte vorfinden, sprechen wir von constanten, sich gleich-
1) Vgl. hierzu auch die Ausführungen des Abschnittes: „Das Ich‘,
wo die im Texte besprochene Forderung der Analyse der psychischen
Bedingungen eines Phänomenes 1och nähere Bestimmung findet.