Full text: Einleitung in die Philosophie

Letzte Fragen. ; 
nach Klarheit besonders hervorhob. Während sich aber aus 
diesem Grunde der Gebrauch des Namens Philosophie zur Be- 
zeichnung der einzelnen Wissenschaften verlor, blieb doch der 
Gedanke der Zusammengehörigkeit aller Wissenschaften und 
das Bedürfnis nach einem geistigen Bande bestehen, welches 
die Gesamtheit der vielfältig gespaltenen wissenschaftlichen 
Bestrebungen zu einem einheitlichen und abgeschlossenen 
Ganzen verknüpfte. Der Name Philosophie mußte folgerichtig 
jenen höchsten, abschließenden Untersuchungen zufallen, 
die einer solchen Verbindung dienen konnten, Als Gegen- 
stand solcher Untersuchung, als philosophische Probleme 
also, ergaben sich naturgemäß alle diejenigen Fragen, die im 
Rahmen der Einzelwissenschaften ihre Stelle oder ihre Lösung 
nicht finden konnten und eben dadurch auf die Forderung 
höherer Erklärung, eines letzten Abschlusses der Erkenntnis 
hinwiesen, 
Philosophie bedeutet demgemäß von hier an nicht mehr 
das aller wissenschaftlichen Forschung gemeinsame Streben 
nach Klarheit überhaupt, sondern das Streben nach letzter 
Klarheit, nach der enägültigen, letzten und höchsten Er- 
Klärung aller Erscheinungen. Philosophische Probleme in 
diesem Sinne sind sonach die letzten Fragen, auf dio wir 
uns überall geführt finden, wo unser Erkenntnisstreben sein 
Ziel mit strenger Consequenz verfolgt. 
Die mannigfaltigen vergeblichen Versuche der Welt- 
erklärung, wie sie uns in den „metaphysischen Systemen“ 
alter und neuer Zeit vor Augen liegen, sind in diesem Sinne 
des Wortes philosophische Bestrebungen im Gegensatz zur 
wissenschaftlichen Einzelforschung, da es ihnen überall um 
letzte, endgültige Erklärung alles Daseins zu tum iet. 
In demselben Sinne werden folgerichtig in der heutigen 
Phase des wissenschaftlichen Denkens die tieferen Unter- 
suchungen, welche die Grundbegriffe und Methoden der Wissen- 
schaft, die letzten Gründe des Erkeunens betreffen, als 
philosophische Untersuchungen den KEinzelwissenschaften 
entgegengestellt. Auch hier ist es das Streben nach letzter 
Klarheit, nach abschließender Erklärung, welches den 
charakteristischen Unterschied dieser „philosophischen“ For-
	        
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