Kant. Begriff des Gegenstandes. 277
wendigkeit, die wir in unserer Erfahrung finden, kann nach
Kants früher bezeichneter Grundvoraussetzung nicht aus den
Erfahrungen selbst, sondern nur aus den Bedingungen her-
stammen, welche die Einheit unserer Erfahrungen ermöglichen
und welche ihrerseits zur Bildung des Gegenstandsbegriffs
führen. Er bemüht sich zu zeigen, wie aus diesen Bedingungen
einerseits der Grundsatz herfließe, daß allen Veränderungen in
der Natur beharrliche Substanzen zu Grunde liegen -— anderer-
seits der Satz, daß jede Änderung ein Anderes voraussetze,
worauf sie nach einer Regel folgt, welchen Satz er an Stelle
des weiter unten zu besprechenden Causalgesetzes einführt.
Trotz der Erkenntnis der Bedeutung des Gegenstands-
begriffes und der Zurückführung der objectiven Wirklichkeit
auf diese Begriffsbildung bleibt jedoch bei Kant eine Unklar-
heit bestehen, durch welche der Erfolg der genannten Er-
keuntnis zum großen Teil wieder verloren geht: Kant bemerkt
nicht, daß er mit seiner Erklärung des von unserer Wahr-
nehmung unabhängigen Daseins der Dinge ehen jenes Beharr-
liche getroffen hat, das die naturalistische Philosophie überall
als ein selbstverständlich Existierendes vorausgesetzt hatte und
welches vermöge der im ersten Teil dieses Buches bezeichneten
Überlegungen schließlich zum unerkennbaren Ding an sich
geworden war. Wenn sich an einzelnen Stellen -— so speciell
in der Kritik der psycholcgischen Paralogismen in der ersten
Auflage der Kritik der reinen Vernunft -— diese Erkenntnis
Bahn bricht, so wird sie doch stets wieder durch den natura-
listiscker. Irrtum verdunkelt, daß die Erscheinungen (zu welchen
Kant auch die Gegenstände, als bloße Zusammenhänge von
Erscheinungen, rechnet) als Erscheinungen doch Erscheinungen
von etwas sein müssen, und daß dieses Etwas eben das ewig
unerkennbare, „transscendente“ Ding an sich ist. Obwohl
Kant an mehreren Stellen ausdrücklich versichert, daß auf
dieses Ding an sich die Kategorien unseres Denkens keine An-
wendung finden können, daß wir dasselbe daher überhaupt
nicht denken können, und daß es nicht einmal erlaubt sei, in
den Begriff solcher „intelligiblen Welten“ auszuschweifen,
macht er Goch selbst von diesem Begriffe in den späteren Ab-
schnitten seines Werkes — speciell zur Lösung des Problems