304 $ 30. Die Formen der allgemeinen Erkenntnis.
die Antwort auf diese Frage in einfachster Weise, sobald wir
zusehen, wie wir uns jedesmal verhalten, wo die Voraussetzung
solcher Aligemeingültirzkeit sich verletzt zeigt, d. h. wo. wir
eine der Erwartungen, die sich auf ein solches Gesetz gründeten,
enttäuscht finden,
Die Möglichkeit solcher Enttäuschung zeigt zunächst,
in welchem Sinne jene Allgemeingültigkeit nicht besteht:
unser Verhalten gegenüber dieser Enttäuschnng aber zeigt zu-
gleich, in welchem Siune dieselbe dennoch besteht. Denn
weit gefehlt, daß wir in solchen Fällen das Gesetz für falsch
erklärten, welches unsere bisherigen Erfahrungen in der ein-
fachsten Weise zusam menfaßte, suchen wir vielmehr abermals
nach dem weiteren Zusammenhange, welcher zugleich jene
alten und die jetzt gemachten neuen Erfahrungen umfaßt, d. h.
wir suchen nach den Bedingungen, unter welchen die frühere
Gesotzmäßigkeit gilt, und nach den besonderen neuen Re-
dingungen, unter welchen jedesmal die neue Gesetzmäßigkeıt
an deren Stelle tritt. Nur indem wir in dieser Weise durch
das Suchen nach den veränderten Bedingungen für unsere
neuen, unerwarteten Wahrnehmungen das Alte mit dem
Neuen unter denselben einheitlichen Gesichtspunkt
bringen, vermögen wir die Gesamtheit der beobachteten Tat-
sachen widerspruchslos zu begreifen.
Auch hier bezeichnen’ wir den Eintritt der neuen Bedingung
als die Ursache der neuen Erscheinungen. Wir verstehen also
auch hier unter der Erkenntnis der Ursache nichts Anderes als
die Art und Weise, wie unser Denken die begriffliche
Ordnung der Erscheinungen, welche durch die uner-
warteten Erfahrungen gestört war, gemäß dem Prin-
cip der Ökonomie des Denkens wiederherstellt.
Nichts als die Anwendung der auf unsere Erfahrungen
gegründeten Begriffe von Zusammenhängen der Erscheinungen
ist unsere Behauptung der Gesetzmäßigkeit des Natur-
laufs oder der der Natur immanenten Notwendigkait.
Diese Naturnotwendigkeit fällt zusammen mit der logischen
Notwendigkeit der Identität jener Begriffe, die wir als