Sn $ 31. Das Ich.
So plausibel indessen dieser Schluß auf den ersten Blick
erscheint, so ist er doch nichts weniger als zwingend. Denn
die bezeichneten anomalen Reactionen lassen sich genau mit
demselben Rechte auf eine durch jene Herderkrankungen be-
dingte Veränderung der betreffenden Empfindungen zurück-
führen. Ob aber die eine oder die andere Erklärung zutrifft,
können wir aus den Krankengeschichten deshalb niemals mit
voller Sicherheit erkennen, weil die Aussagen des Kranken
über diejenigen Eindrücke, auf welche er anomal reagiert, uns
niemals einen Schluß auf die Beschaffenheit seiner entsprechen-
den Bewußtseinserscheinungen gestatten. Wir können also aus
diesen Aussagen auch nicht schließen, ob seine Empfindungen
alteriert sind oder nicht, während uns doch kein anderes Mittel
zu Gebote steht, um über diese Frage irgend eine Auskunft
zu erlangen.
Die Frage, ob und wie weit nicht nur unsere Empfindungen
und Gefühlszustände, sondern auch unser Vorstellungsablauf
und die weiteren dadurch bedingten psychischen Tatsachen von.
physiologischen Bedingungen abhängen, ob also auch jenseits
des Empfindungsgebietes von psychophysischem Parallelismus
die Rede sein kann, ist somit auf Grund jener psychopatho-
logischen Erfahrungen nicht zu entscheiden. Daß aber der
Vorstellungsverlauf jedenfalls von jenen ersteren Inhalten
abhängt und insofern wenigstens mittelbar gleichfalls physio-
logisch bedingt ist, zeigen uns die Associationsgesetze. Diese
Abhängigkeit genügt vollständig, um die Änderungen zu er-
klären, welche unser Vorstellungsverlauf durch Krankheit und
Alter erleidet.
Ihrem Begriffe nach unabhängig von allen physiologischen
Änderungen sind jene Faectoren unseres psychischen Lebens,
welche die, vorhergehenden Betrachtungen uns als von allem
Wechsel unabhängig verharrend erkennen ließen. Doch gibt
die Constanz dieser Facioren uns nicht etwa zur Behauptung
der Unabhängigkeit unseres Vorstellungsablaufes von physio-
logischen Vorgängen das Recht, da der Vorstellungsablauf eben
nicht in jenen unveränderlichen Factoren besteht: diese Factoren
sind ja ihrerseits nicht Erlebnisse, sondern nur Bedingungen
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