Metaphysische Ideen. 245
In der Erklärung aller Bestandteile unseres Weltbildes
durch die Kategorien, welche ihrerseits ausschließlich in den
Factoren der Einheit unseres Bewußtseins wurzeln, ist aber
zugleich auch die Erfüllung der metaphysischen Forderung
wenigstens insoweit gegeben, als wir in der Ableitung aus
diesen Factoren den gesuchten letzten einheitlichen Ge-
sichtspunkt für die Erklärung aller Tatsachen besitzen. Denn
diese Factoren sind ihrerseits einer weiteren Erklärung weder
fähig noch bedürftig: sie sind uns ein für allemal als letzte
Tatsachen gegeben. Indem wir. diese letzten Gründe für alle
Erklärung‘ bei der Analyse unseres Bewußtseins als dessen
Factoren finden, erfüllt sich — ohne mystische Einkleidung,
vielmehr in rein wissenschaftlicher Form — der Grundgedanke
der Böhmeschen Mystik: „daß wir in den Grund der Welt
gelangen, wenn wir uns in den Grund der eigenen
Seele versenken.“
Freilich bleibt, wenn wir die ursprüngliche Fragestellung
der Metaphysik mit den Aufgaben vergleichen, welche wir als
lösbare Probleme der Wissenschaft erkennen, ein Zwiespalt
und eine Frage übrig:
Wir haben gesehen, wie wır von dem eben bezeichneten
Gesichtspunkt her — mit Hilfe der in der Einheit des Bewußt-
seins begründeten Kategorien — zur Überwindung der natura-
listischen Scheinprobleme und zur wissenschaftlichen Antwort
auf die Frage nach der Erklärung jeder einzelnen Tat-
sache und Tatsachengruppe unserer Erfahrung gelangen.
Allein auf Fragen dieser Art ist das Problem jener Meta-
physik nicht restlos zurückzuführen. Denn diese wissenschaft-
lich lösbaren Fragen gehen nur auf die Teile der Welt, die
unserer Erfahrung zugänglich sind; die metaphysische Frage-
stellung aber bezog sich nicht nur auf Teile, sondern auf das
Weltganze.
Die Wissenschaft kann ihrerseits diese letztere Frage zwar
klären, indem sie zeigt, daß dieselbe nicht naturalistisch ge-
faßt werden darf, — daß also z. B. ein Pantheismus im Sinne
Spinozas als Antwort auf dieselbe so wenig genügen kann
als der Materialismus. Selbst aber eine positive Antwort auf
diese Frage zu geben, ist die Wissenschaft deshalb nicht im
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