Full text: Einleitung in die Philosophie

Psychologische Begründung der Erkenntnistheorie. 
8 7. ‚Letzte Ziele. 
Die Tatsachen der Begriffsbildung, deren Untersuchung 
nach dem Vorigen die letzte Aufgabe des philosophischen 
Denkens bildet, sind Tatsachen unseres geistigen Lebens, 
Bewußtseinstatsachen oder psychische Tatsachen. Die 
erkenntnistheoretische Wendung der Philosophie ist daher 
notwendiger, wenn auch nicht immer zugestandener Weise zu- 
gleich eine psychologische Wendung: nicht mehr um die 
Untersuchung der Zusammenhänge der objectiven Welt, son- 
dern um die Untersuchung bestimmter psychologischer Tat- 
sachen ist es der Philosophie in dieser neuen Phase zu tun. 
So sicher Erkenntnisvorgänge psychische Tatsachen sind, so 
sicher muß erkenntnistheoretische Untersuchung stets psycho 
logische Untersuchung sein — vorausgesetzt, daß man dem 
Wort Psychologie nicht von vornherein einen engeren Sinn 
beilegt, indem man etwa die Psychologie auf die Untersuchung 
der realen Seite der psychischen Tatsachen beschränkt und 
diejenige der idealen Bedeutungen von ihr ausschließt, oder gar 
jene Untersuchung der realen psychischen Vorkommnisse auf 
die Analyse ihrer causalen Zusammenhänge unter einander oder 
mit Vorgängen in der physischen Welt einschränkt. 
Wir können dasselbe Ergebnis noch auf anderem Wege 
ableiten. Der Übergang vom Dogmatismus zum Empirismus 
kann nur dann ein vollkommener sein, wenn die Gesamtheit 
unserer Begriffe auf ihre letzten empirischen Grundlagen redu- 
eiert ist. Die letzten Daten all unserer Erkenntnis aber sind 
unsere uns unmittelbar bewußten Erlebnisse, d. h. eben 
diejenigen Tatsachen, in deren Ablauf das Ganze unseres Be- 
wußtseinslebens besteht. Die Analyse dieser letzten Daten 
ist also notwendiger Weise Analyse von Bewußtseinstatsachen 
oder psychologische Analyse. 
Es bedarf nicht besonderer Erwähnung, daß zur Lösung 
der. erkenntnistheoretischen Aufgabe nur eben die rein tat- 
sächliche Analyse jener letzten Factoren aller Erkenntnis, 
nicht aber eine auf dogmatische Begriffe irgendwelcher Art 
gegründete „Psychologie“ führen kann. Die viel gehörte Be- 
hauptung, daß Erkenntnistheorie nicht auf Psychologie gegründet 
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