Zu Kapitel 83, S. 95.
Juristen über Schuldhaftung als in sich verwirrt und ungenügend der praktischen
Brauchbarkeit und Einfachheit des Deutschen und Naturrechts gegenübergestellt
werden in der Diss. de usu practico doctrinae difficillimae juris Romani
de ceulparum praestatione in contractibus, gleichfalls von 1705.
Diss. de tortura etc. Es versteht sich von selbst, daß es nur ein n
Kunstgriff ist, wenn Th. in dieser Dissertation den Respondenten Martin Bern⸗ ili
hardi in eigenem Namen sprechen läßt, um dann im Referat (in Form eines
Briefes an den Respondenten vom 15. Juni 1705) seine praktischen Bedenken J
geltend zu machen. Das geschieht offenbar, um die Kraft der Entwicklung in ma
der eigentlichen Dissertation durch Einmischung jener Bedenken, die doch
auch wieder nicht ganz unterdrückt werden sollen, nicht zu brechen. Sachlich
rührt die ganze Dissertation aus Herz und Kopf des Th. her, wennschon ein—
zelne Wörter — auch das ist keineswegs sicher — aus der Feder des Respon— I
denten stammen mögen. So viel gegen diejenigen, welche Th. das Verdienst il
an dieser Diss. wegen des Nachwortes ganz absprechen wollen, sie haben keine en
Vorstellung von dem damals absolut herrschenden Verhältniß zwischen praeses m
und respondens; der hier vertretenen Ansicht auch Koser, in den „Forschungen
zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte“, herausgegeben von A. Naude, 3
6. Bd. 2. Hälfte S. 236 Note 1. — Jene mehrerwähnten praktischen Bedenken n
selbst sucht Th u. a. klar zu machen durch das Bild, nicht alles, was zur Er⸗ 3
haltung der Gesundheit tauge, lasse sich am schwerkranken Körper vornehmen, hier uen
seien ganz andere Vorsichtsmaßregeln angezeigt.
Andere Werke von 1705. Außer der damals veranstalteten Sammlung
„auserlesener, in Deutsch noch nie gedruckter Schriften“ des Th. fällt in dasselbe
Jahr noch seine gutachtliche Thätigkeit in dem Conflikt zwischen dem Herzog u—
Anton Ulrich von Braunschweig und seiner Hofgeistlichkeit. In diesem Conflikt,
der gelegentlich des Uebertritts einer Prinzessin zum katholischen Glauben aus —2
matrimonialer Veranlassung erfolgte — es handelte sich um nichts Geringeres
als um die Verehelichung der Enkelin des Herzogs, Maria Christina, mit König
Karl UII. v. Spanien, dem späteren deutschen Kaiser Karl VI. — nehmen die
Thomasischen Gutachten die Partei des Fürsten mit einer Entschiedenheit, welche
allerdings nur der folgerichtigen Anwendung der Thomasischen kirchenrechtlichen
Prinzipien entspringt, aber zugleich mit einer maßlosen Heftigkeit, welche die
Gewissensnoth jener wackeren Männer ganz übersieht; daneben schrieb freilich
Th. zur Milde mahnende Privatbriefe an den herzoglichen Minister. Abgedruckt
sind jene Gutachten in den „Juristischen Händeln“, Th. 4 Handel 1.2,3 61
bis 261, mit verbindendem Text, der hartnäckig denselben Standpunkt wie jene
Gutachten festhält; vgl. außerdem etwa K. A. Menzel, Neuere Gesch. der Deutschen
9, 401
Unmöglichkeit der Begnadigung bei Todtschlag. Für die *
ernste Handhabung dieses Prinzipes, selbst in Fällen wo fürstliche Gnade *
besonders angezeigt und fürstliches Wohlwollen besonders vorhanden war, siehe
H. Cocceji, disp. de sacrosancto talionis jureé, v. 1705, 8 31, in seinen
xercitationes curiosae 2, 741; ebenso A. Leyser, Medit. ad Pand. Boi9
spec. 599, noch aus dem Jahre 1727. Einer der Wenigen, die Th. sich anschlossen,
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