Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 59
Handelskammern kein Bedenken trugen, dies offen zu erklären, so
war unverkennbar doch der Gedanke vorherrschend und maßgebend,
daß die politische Ehre und Stellung der Regierung und
des Landes den materiellen Interessen vorgehe und daß
es Pflicht der Parteien wie der Einzelnen sei, in der
ohnedies tritischen Lage die Schwierigketten der Re—
gierung nicht noch durch unzeitige Demonstrationen zu
vermehren. Daher erhielt die Regierung nicht nur vom Land—
tage, sondern auch von vielen anderen Seiten Anerkennung und
Zustimmung, während in den Staaten der verbundenen Regierungen
fast nur gegentheilige Kundgebungen verlauteten.
Nach dem Abbruch der Berliner Konferenzen schien eine Ver—
ständigung mehr als je in die Ferne gerückt, wenn nicht gänzlich
ausgeschlossen zu sein. Preußen begann bereits die Grenze gegen
Kurhessen wegen dort zu errichtender Zollstationen besichtigen zu
lassen, wodurch großes, vielleicht beabsichtigtes Aufsehen erregt wurde.
Oesterreich bot alles auf, um die verbundenen Regierungen
zu einem entscheidenden Schritt zu bewegen. Durch den Abbruch
der Verhandlungen von Seiten Preußens war eine der Voraus—
setzungen eingetreten, unter denen nach den Vereinbarungen von
Wien und Darmstadt weitere Verhandlungen mit Oesterreich ge—
pflogen werden sollten. Zu diesen erließ Oesterreich die Einladungen,
— und sie wurden am 20. Oktober 1852 eröffnet. Als Grundlage wurde
von dem Minister Grafen Buol der Vertragsentwurf O vorge—
i schlagen und angenommen. Dieser Vertrag war, wie bereits aus—
r geführt, für den Fall entworfen worden, daß Preußen jede nähere
l. handelspolitische Verbindung mit Oesterreich ablehnen sollte; er
enthielt demgemäß die Verabredung über einen zwischen Oesterreich
l und den mit ihm bereits zollverbündeten Staaten Parma und
Modena einerseits und den verbundenen dissentirenden Zollvereins—
n staaten andererseits vom 1. Januar 1854 an zu gründenden Zollverein.
Während dieser Verhandlungen in Wien geschahen die ersten
n Schritte zu einer unmittelbaren Verständigung zwischen Preußen
n und Oesterreich. Dieses hatte bereits seit geraumer Zeit seine Be—
s reitwilligkeit zu einem Ausgleich zu erkennen gegeben und nur noch
n zuletzt die Rückkehr seines Gesandten von Wien nach Berlin dazu
ik benutzt, Andeutungen dahin machen zu lassen, daß das Wiener
d Kabinet die Wiederannäherung der beiden deutschen Großmächte in