Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Volitik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 65 
politik stand in Bezug auf die prinzipiellen Unterlagen wie auf die 
Verwaltung noch weit hinter derjenigen des Zollvereins zurück. Jede 
nähere Verbindung mit Oesterreich war also in wirthschaftlicher Be— 
ziehung ein Rückschritt, in politischer eine Verminderung der eigenen 
Macht. 
Es war unverkennbar und nach dem bisherigen Vorgehen 
Preußens erklärlich, daß die schutzzöllnerischen Elemente im Zoll— 
verein sich mehr auf die Seite Oesterreichs stellten. Umsomehr 
war Preußen gezwungen, zur Erreichung seiner politischen 
Ziele und zur Stärkung seiner dazu erforderlichen Stel— 
lung die freihändlerischen Kreise zu gewinnen und sich 
demgemäß dem Freihandel noch mehr als bisher zuzu— 
wenden. 
So waren bei Beginn der dritten Periode des Zollvereins 
die bisher nur verborgen und verschleiert wirksamen rein politi— 
schen Momente offen und deutlich erkennbar zu Tage getreten. 
Der politische Streit um die Führung Deutschlands hatte 
das Gebiet der materiellen Interessen zu seinem Kampf— 
platz gewählt. Die erste Schlacht hatte nicht zur Entscheidung 
geführt, sondern nur den beiden Hauptparteien eine bestimmte 
Stellung angewiesen, von der aus der Kampf bei nächster Gelegen— 
heit erneuert werden mußte. 
Die äußere Krisis im Zollverein war beseitigt, jedoch im 
Innern der Streit zwischen Schutzzoll und Freihandel nicht bei— 
gelegt; er trug dazu bei, die Entfremdung unter den Zollvereins— 
staaten sowie die verbitterte und gereizte Stimmung zwischen ihnen 
zu erhalten. Bis zum Jahre 1859 fanden fünf General-Konferenzen, 
jede von langer Dauer, einzelne bis zu sechs Monaten, statt. Jede 
Konferenz hatte sich mit wichtigen inneren Angelegenheiten und 
zahlreichen Anträgen der einzelnen Regierungen zu beschäftigen; 
immer aber waren die Ergebnisse äußerst dürftig. Besonders 
unfruchtbar waren die Verhandlungen über Aenderungen des 
Tarifs, der infolge des Februarvertrages mit Oesterreich eine 
gründliche Durcharbeitung erfordert hätte; sie mußte wegen man— 
gelnder Uebereinstimmung unterbleiben. In jeder Konferenz stellte 
Preußen, gewöhnlich unterstützt von Hannover und Oldenburg, 
Anträge auf Herabsetzung der Eisenzölle im Interesse seiner östlichen 
Provinzen und der Landwirthschaft, sowie auf andere Ermäßigungen
	        
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