—76 Der Centralverband 1876 — 1901.
hebung der großen vorliegenden Schwierigkeiten, wobei auch das Ver—
hältniß zu Oesterreich volle Würdigung fand, hielt Bayern es für
unbedingt erforderlich, daß bezüglich der wichtigsten Vertragspunkte
vorher schon eine Uebereinstimmung unter den Zollvereinsregierungen
herbeigeführt werde. Die bayerische Regierung hielt daher vor dem
definitiven Abschluß des Vertrages den Zusammentritt einer Spezial—
konferenz der Vereinsstaaten für geboten und beantragte bei
Preußen die Berufung derselben.
Preußen hatte die Erfahrung gemacht, daß in der letzten
Periode des Zollvereins bei strittigen Fragen, besonders wenn es
sich um den Tarif und dessen Sätze handelte, eine Verständigung
unter den Vereinsregierungen nicht zu erzielen war. Der Antrag
Bayerns wurde daher sofort und bestimmt abgelehnt.
Die Verhandlungen mit Frankreich wurden indessen von
Preußen fortgeführt, sie gestalteten sich jedoch sehr schwierig und
erlitten infolge dessen mehrfache Unterbrechungen. Auf die bestimmte
Anfrage Preußens, welche Stellung die französische Regierung
seinen Forderungen gegenüber einnehme, erfolgte im August 1861
eine durchaus unbefriedigende Antwort. Während Preußen seine
Zugeständnisse sehr erweitert hatte, war Frankreich kaum bei einem
Gegenstande von Wichtigkeit den preußischen Wünschen entgegen—
gekommen, hatte vielmehr Forderungen, von denen es mit Sicher⸗
heit annehmen konnte, daß Preußen hohen Werth auf deren
Bewilligung lege, ohne weiteres abgelehnt, seine eigenen For—
derungen aber unverändert aufrecht erhalten.
Dieses Verhalten Frankreichs wirkte in Berlin ungemein ver—
stimmend. Den französischen Bevollmächtigten wurde erklärt, daß
unter diesen Umständen auf die Zustimmung der Zollvereins—
regierungen nicht zu rechnen sei. Diesen aber legte die preußische
Regierung im September den Stand der Verhandlungen eingehend
dar und gab dabei ihrer Unzufriedenheit über das Verhalten
Frankreichs unverhohlen Ausdruck. In dieser Mittheilung führte
Preußen aus, daß es mit seinen Anerbietungen so weit wie nur
möglich gegangen sei, daß es besonders bei der „Ausgleichung der
beiderseitigen Zolltarife“ für alle Gegenstände, die in Frankreich
nach Gewicht, Maß oder Stückzahl verzollt würden, die Gleich—
stellung fast vollständig, bei denjenigen aber, die in Frankreich einem
Werthzoll unterlägen, wenigstens insoweit durchgeführt habe, daß
die augebotenen Sätze des Zollvereinstarifs in sehr wenigen