114 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
mit den englischen messen konnten. Heute sind unsere deutschen
LCokomotiven den englischen vollständig ebenbürtig. Wenn Sie der
deutschen Maschinenindustrie etwas mehr Zeit geben, die jetzt in
einer so blühenden Entwickelung begriffen ist, so bin ich fest über—
zeugt, daß sie in kurzer Zeit der englischen Maschinenindustrie wird
die Spitze bieten können.“ Darauf erschallte aus dem Hause der
RMuf. Miemals!“ Trotz dieses „niemals“ ist die Voraussage des
Abgeordneten von Kardorff eingetroffen.
In dem Zustande vollster und angespanntester Thätigkeit wurde
die Industrie fast plötzlich von der Krisis betroffen. Die Nachfrage
hörte auf, die bestellten Lieferungen wurden theilweise nicht abge—
uommen, der Absatz stockte fast gänzlich. Die sprungweise sinkenden
Preise hatten nach dem damaligen Stand der Herstellungskosten
bald die Grenzen überschritten, über die hinaus nur mit Verlusten
produzirt werden konnte; dennoch wurde die Produktion mit den
größten Anstrengungen und Opfern aufrecht erhalten, um die
Arbeiter zu beschäftigen.
Nach Lage aller dieser Verhältnisse war die Industrie von
der eingebrochenen Krisis sofort scharf erfaßt worden, und da sich
der traurige Zustand im Laufe der folgenden Jahre mehr und mehr
verschlechterte, so trat das in der Zeit des Aufschwunges etwas in
den Hintergrund gedrängte Interesse an der deutschen Handels—
und Zollpolitik bei der Industrie wieder lebhafter hervor. Dies
war besonders bei denjenigen Industrien der Fall, die von dem
zunehmenden Mitbewerb des Auslandes am schwersten zu leiden
hatten.
In dem Handelsvertrag mit Frankreich vom 2. August 1862
hatte Deutschland schwere Opfer gebracht. Oesterreich hatte in
dieser Beziehung nicht zu folgen vermocht, und die preußische
Regierung hatte sich mit dem Abschluß dieses Vertrages ganz auf
die Bahn des Freihandels begeben.
Die Ereignisse des Jahres 1866 machten die Neuregelung
der handelspolitischen Beziehungen zu Oesterreich erforderlich, sie
erfolgte durch den Vertrag vom 9. Mai 1868. Mit diesem Ver—
trage hatte sich auch die österreichische Regierung dem Freihandel
zugewendet. Beiderseits wurden wesentliche Zollermäßigungen zu—
gestanden, und die beiderseitigen Tarife bis zum Ende des Jahres
1877, dem formellen Ablaufstermin des Zollvereins, gebunden.