128 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
zusammenhängende und folgerichtige Vertretung nur durch einige
Industrielle der rheinisch-westfälischen Eisenindustrie und durch die
süddeutschen Baumwollindustriellen.
Die gesammte Presse war entschieden freihändlerisch. Nur der
mit ernstem wissenschaftlichem Streben, aber leider vergebens
ampfende „Merkur des De Stoepel in Frantfurt a M.
wagte es offen, die Lehre des Schutzzolles dem Freihandelsthum
gegenüberzustellen, wurde aber nur von den entschiedensten Gesinnungs—
genossen beachtet.
Die schnell und mächtig aufgeblühte Eisenindustrie war als
das geeignetste Objekt für die radikale Durchführung des Frei—
handelsprinzips ausersehen worden. Der Widerstand, den die
größeren Industriellen den Zollermäßigungen von 1868 und 1870
entgegengesetzt hatten, war ohne Erfolg gewesen. An eine
Unterstützung dieses Widerstandes seitens der Mehrzahl der
Eisenindustriellen oder gar der anderen Industrien, als einer
weiteren radikalen Zollermäßigung die gänzliche Beseitigung der
Eisenzölle folgen sollte, war in einer Zeit fieberhafter Thätigkeit
und scheinbar glänzendster Geschäftslage nicht zu denken.
Die Krisis hatte die Eisenindustrie zuerst und am
schärfsten erfaßt, und unter ihrer Einwirkung verbreitete sich
in immer weiteren Kreisen dieser Industrie das Verständniß
für die Gefahr, der sie ausgesetzt sein würde, wenn die Eisenzölle,
wie es das Gesetz bestimmte, gänzlich fortfallen sollten. Aber
nicht blos in der Eisenindustrie, sondern auch in den einsichtigeren
Kreisen der anderen Industrien, ganz besonders aber der Textil—
industrie, wuchs das Interesse und die Theilnahme an dem Schicksal
der Eisenzölle in der Erkenntniß, daß der Freihandel seinen
Siegeslauf mit Beseitigung dieser nicht als beendet ansehen, sondern
mehr noch als bisher die Beseitigung aller Zölle erstreben und
nach den bisherigen Erfahrungen wohl auch erreichen würde.
Die Eisenzölle standen daher fortan im Vordergrund der Er—
örterung und bildeten den Vereinigungspunkt für alle, die sich im
schutzzöllnerischen Sinne mit der Handels- und Zollpolitik be—
schäftigten. Ein Kampf, der viel leidenschaftlicher als in dem
Jahre vor dem Erlaß des Zollgesetzes vom 7. Juli 1873 geführt
wurde, entbrannte über die Frage, wie und ob dieses Gesetz zur
Ausführung gelangen solle.