Full text: Erster Band (1. Band)

Erster Abschnitt: Chronik des Centralverbandes. 295 
Parteien und des Centrums bereitwilligst folgten, gestaltete sich 
dieser Widerstand zu einer wüsten, mit Entstellungen, Verdächtigungen 
und Schmähungen verbundenen Hetze, die sich gegen jeden richtete, 
der den Grundgedanken des Gesetzentwurfes als richtig anerkannte 
und vertrat. Diesem von der gegnerischen Presse eingeschlagenen 
Verfahren entsprach die Behandlung, die der Regierungsvorlage im 
Reichstage zuteil wurde; ohne Kommissionsberathung sollte sie im 
Plenum „verscharrt“ werden, wie die Sozialdemokraten sagten. 
Nach Schluß des Reichstages im Sommer 1899 hatte ein 
hoher Beamter im Reichsamt des Innern an den Centralverband, 
und zwar an den Geschäftsführer Bueck, das Ersuchen gerichtet, dem 
Reichsamt 12 000 Mark zur Verfügung zu stellen, um den Unwahr— 
heiten und Entstellungen entgegen zu treten, die von der gegnerischen 
Presse über den in Rede stehenden Gesetzentwurf verbreitet worden 
waren. Wie sich später herausgestellt hatte, wurden zu diesem Zwecke 
lediglich Bruchstücke aus der Begründung des Gesetzentwurfes und 
aus den von den Vertretern der Regierung bei der ersten Lesung 
im Reichstag gehaltenen Reden in geeigneter Weise im Volke ver— 
breitet. 
Da etatsmäßige Mittel in der Kasse des Centralverbandes 
nicht zur Verfügung standen, zu dem gewünschten Zwecke wohl 
auch kaum hätten verwendet werden können, so brachte der Geschäfts— 
führer, mit Genehmigung des Vorsitzenden, die verlangte Summe 
von wenigen opferwilligen Mitgliedern des Centralverbandes auf 
und führte sie an den erwähnten Beamten ab. 
Die Briefe, in denen der Geschäftsführer die Mitglieder zur 
Deckung der erwähnten Summe aufgefordert hatte, wurden jedoch 
aus der Registratur des Centralverbandes entwendet und an die 
sozialdemokratische „Leipziger Volkszeitung“ verkauft, von der sie 
veröffentlicht wurden. 
Diese Veröffentlichung gab das Signal zu einer beispiellos 
heftigen Polemik gegen die Reichsregierung, insbesondere gegen das 
Reichsamt des Innern, und gegen den Centralverband. Bei dieser 
Polemik, die in der Hauptsache mit Uebertreibungen, Entstellungen 
und Verdächtigungen arbeitete, standen wiederum die Organe der 
bürgerlichen liberalen Parteien und des Centrums Schulter an 
Schulter mit den Blättern der Sozialdemokratie; sie alle unter— 
schieden sich in der wüsten Hetzarbeit kaum von einander. Die Ge— 
legenheit war aber auch zu günstig, gleichsam zwei Fliegen mit einer
	        
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