2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 337
die Rohstoffe beziehenden und verarbeitenden Nationen aber vor—
geschritten seien. Die internationale Theilung der Arbeit müßte
Deutschland auf die untergeordnetere Stufe zurückführen. Dennoch
sagten die Freihändler, daß ihnen nichts ferner läge als die deutsche
Industrie schädigen zu wollen, sie behaupteten aber, daß die Industrie
die ausländische Konkurrenz ertragen könne und überwinden werde.
Diese Behauptung müsse eben durch die gewünschten Ermittelungen
erwiesen werden, und dazu gehöre die Klarlegung und Kenntniß
der Selbstkosten der deutschen und der wettbewerbenden ausländischen
Industrie, der mit diesen in direkter Verbindung stehenden Trans—
portkosten, der Verhältnisse der einzelnen Industrien zu einander,
die Feststellung der Bezirke, in denen wir den Markt an die aus⸗
ländische Industrie verloren hätten, die Kenntniß der Ursachen, denen
dies zuzuschreiben sei, die Vergleichung der öffentlichen Einrichtungen
und der Gesetzgebung auf den Gebieten der Sozialpolitik und des
Gewerbewesens und deren Einwirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit
unserer Industrie. Als Beispiel solcher Einwirkung verwies Redner
auf die allgemeine Dienstpflicht und deren Einwirkung auf die
Eisenbahnen, die in Deutschland gezwungen seien, als Lehrlinge für
ihr großes Personal an Subalternbeamten Militäranwärter, also
Leute im reiferen Alter mit anderen Ideen und Lebensgewohn—
heiten, aufzunehmen. Die Eisenbahnen würden billiger arbeiten
uͤnd billiger fahren können, wenn es ihnen gestattet wäre, junge
Leute, die sich dem Berufe mit frischer voller Kraft zuwendeten,
zu gebrauchen.
Referent widerlegte die Einwände, die mit Rücksicht auf die
schwebenden Verhandlungen über den Abschluß eines Handels—
vertrages mit Oesterreich gegen die Enquete erhoben wurden, und legte
die Möglichkeit dar, daß die Aera der Handelsverträge für eine
längere Zeit überhaupt zum Abschluß gelangt sein könnte. Für
diesen Fall sei die autonome Regelung der zoll- und handels⸗
politischen Maßnahmen geboten, und damit würde die Enquete
nothwendig werden. Aber auch wenn der Handelsvertrag mit
Oesterreich in kürzester Frist zum Abschluß gelangen sollte, sei die
Enquete nothwendig, um festzustellen, ob das bisherige Verfahren,
die autonome sprungweise Herabsetzung der Tarife, beizubehalten
oder zu verlassen sei. Mit Hinweis auf die von ihm eingebrachten
Beschlußanträge wies der Referent nach, daß die Zeit einer so
schweren Krisis sich nicht dazu eigene, die handelspolitischen Ver—
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