2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 341
Abschluß des Handelsvertrags mit Oesterreich zu drängen und
dabei volle Gegenseitigkeit zu verlangen.
„Ich theile diese Ansicht ebensowenig als sie Herr Bueck
theilt. Wenn wir von Gegenseitigkeit mit Oesterreich sprechen, so
kann eine solche nur dann herbeigeführt werden, wenn Oecsterreich
mit seinen Zöllen heruntergeht, oder wenn wir die unsrigen,
autonom erniedrigt, wieder erhöhen. Daß Oesterreich beabsichtige,
seine Zölle herunterzusetzen, das habe ich noch nirgend gelesen.
Daß wir aber verlangen sollen, unsere Zölle auf die Höhe der
österreichischen zu erhöhen, das, meine Herren, dünkt mir denn doch
so aussichtslos, daß ich es nicht unternehmen möchte, unserer
Reichsregierung solchen Rath zu geben oder sie zu solchem Vor—
gehen einzuladen. Wenn wir allerdings diese wüsten schutz⸗
zöllnerischen Agitatoren wären, als die wir in hauptstädtischen
Blättern vor kurzem dargestellt wurden, dann, meine Herren,
würden wir diese Gelegenheit vielleicht mit Vergnügen ergreifen
und würden darauf hinarbeiten, eine solche Reciprocität mit
Oesterreich anzubahnen. Das ist jedoch nicht die Stellung des
Centralverbandes. Das Streben ist nur darauf gerichtet, daß
unsere Tarife in rationeller und in einer mehr für die Arbeit ent—
sprechenden Weise geregelt werden, daß Erhöhungen nur da ein—
treten, wo sie unbedingt nothwendig sind. Diese Nothwendigkeit
in jedem einzelnen Falle nachzuweisen, ist die Aufgabe der Enquete.“
Er führte weiter aus, über die Art, wie die Enquete anzustellen
sei, bestehe bei dem Centralverband volle Klarheit. Nicht angestellt
sollte sie werden wie die letzte Erhebung über die Frauen- und
Kinderarbeit, die man unter dem Ausschluß fachmännischer Beihilfe
lediglich in die Hände der Verwaltungsbeamten gelegt habe, denen
die Kenntniß der Produktionsbedingungen für die Großindustrie
gänzlich fehle. „Der Centralverband verlangt die Bildung einer
Kommission ähnlich dem conseil supérieur de commerce in
Frankreich, d. h. nach der französischen Bedeutung des Wortes
commerce, einen Handels- und Gewerberath, zu dem auch Fach—
männer gehören. Diese Enquetekommission hätte sich zunächst mit
der Fragestellung zu befassen, nicht sowohl mit der Aufstellung
dessen, was gefragt werden soll, sondern wie gefragt werden soll;
denn die Kunst des Fragens ist oft eine viel größere als die des
Antwortens.“ Wenn die Kommission gebildet sei, müsse das Ver—
fahren eingeschlagen werden, das seiner Zeit in Frankreich verfolgt