2. Ablschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 349
schon damals in den führenden Kreisen der Freihandelspartei, in
dem Volkswirthschaftlichen Kongreß, besonders aber in der Volks—
wirthschaftlichen Gesellschaft zu Berlin, als leitende Kraft hervor—
getreten; er gehörte zu den Vertretern des extremsten Freihandels.
In seinem Referat verwies er zunächst auf den am 31. Dezember 1877
stattfindenden Ablauf des Handelsvertrages mit Oesterreich. Er
bemerkte, daß über die bereits 6 Monate dauernden Verhandlungen
bezüglich des Abschlusses eines neuen Handelsvertrages nichts be—
kannt geworden sei. Die deutschen Unterhändler seien inzwischen
unverrichteter Sache zurückgekehrt und mit neuen Instruktionen ver—
sehen wieder nach Wien abgereist. Gegenwärtig, so meinte er, hielten
sie sich wieder ‚„ad informandum“ in Berlin auf. Referent er—
klärte sich damit einverstanden, daß die Regierung keine Mit—
theilungen über den Stand der Verhandlungen mache, da solche bei
den bedauerlichen Kämpfen der wirthschaftlichen Parteien nur Ver—
wirrung hervorrufen und das Vordrängen einzelner Interessen zur
Folge haben würden. Referent wolle darlegen, welche Ansprüche
Deutschland bei dem Abschluß eines neuen Handelsvertrages mit
Oesterreich zu erheben habe und wie Oesterreich sich denselben
gegenüber stelle. Er wolle ferner die Eventualität ins Auge fassen,
daß ein neuer Handelsvertrag unter Berücksichtigung der billigen
Ansprüche Deutschlands nicht zustande komme, und die dann für
Deutschland einzunehmende Stellung erörtern. Zunächst aber gab
der Referent einen historischen Rückblick über die Entwicklung der
handelspolitischen Verhältnisse zwischen Preußen bezw. Deutschland
und Oesterreich. Die Vergrößerung des Handelsverkehrs zwischen
beiden Ländern in den letzten 20 Jahren fast um das vierfache des
Betrages wurde von dem Referenten lediglich als Folge der
gegenseitig gewährten handelspolitischen Verkehrserleichterungen
dargestellt. Daß die Ausfuhr aus und über Deutschland nach
Oesterreich größer sei, sei nur die Folge der von Deutschland ge—
machten größeren zolltarifarischen Konzessionen. Im Anschluß an
das von Oesterreich zur Rettung seiner politischen Stellung in
Deutschland gemachte Anerbieten einer vollständigen Zolleinigung
mit Deutschland, unter Annahme des deutschen Zolltarifes, erhob
Referent die Frage: „Und wie steht es heute?“ Heute träten dem
Vertragsschlusse die größten Schwierigkeiten entgegen, denn das
Heer der Schutzzöllner bestehe aus zerrütteten Existenzen und
der kritiklosen Menge, der das Schlagwort „Schutz der nationalen