362 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Der Korreferent empfahl dann seine Anträge zur Annahme.
Dr. Erras, Sekretär der Handelskammer Breslau, hatte
folgende Anträge gestellt:
1. Bei einem neuen Handelsvertrag mit Oesterreich sind die
Konsequenzen, welche aus dem Rechte der meistbegünstigten Nation
zu Gunsten anderer Länder entstehen, sowie die Beschwerde der
diesseitigen Industriellen zu berücksichtigen.
2. Falls Oesterreich keinen Handelsvertrag auf dieser Basis
schließen will, so liegt deshalb kein Grund vor, einen Zoll- und
Tarifkrieg mit Oesterreich zu beginnen, aber ebensowenig die Möglich—
keit, Zollkartelle über die Grenzkontrole zu erneuern.
Bei der Abstimmung wurde die Nr. 1 des Antrages Bueck
mit 52 gegen 39 Stimmen abgelehnt, gleichfalls abgelehnt wurde
die Nr. 1 des Antrages Dr. Erras, dagegen wurde die Nr.1
des von Dr. Weigert gestellten Antrages angenommen. Ebenso
wurden die Nr. 2 des Antrages Bueck und Dr. Erras abgelehnt
und die Nr. 2 des Antrages des Referenten angenommen. Die
starke Minderheit zeigt, daß selbst bei den Theoretikern bereits
Zweifel über die Richtigkeit des Weges entstanden waren, den die
deutsche Wirthschafts- und Handelspolitik seit Anfang der sechziger
Jahre eingeschlagen hatte. Das Ergebniß der Abstimmung lieferte
aber den unzweifelhaften Beweis, daß mit den Führern des Frei⸗
handels eine Verständigung nicht zu erreichen war, denn andern—
falls würde der Vermittelungsantrag des Dr. Erras, der selbst
Freihändler und Vertreter einer der größten durchaus frei⸗
händlerischen Handelskammer war, doch Berücksichtigung gefunden
haben.
Daß der Volkswirthschaftliche Kongreß, der sich rühmen konnte,
hauptsächlich die Wendung der deutschen Zollpolitik zum fast
bedingungslosen Freihandel herbeigeführt und in dieser Beziehung
einen maßgebenden Einfluß auf die deutsche Regierung ausgeübt
zu haben, und daß der Verein für Sozialpolitik, an dessen Spitze
die hervorragendsten akademischen Lehrer auf dem Gebiete der
Nationalökonomie standen, daß also diese beiden großen Ver—
einigungen es nicht vermocht hatten, bei Behandlung der wichtigsten
Tagesfrage in der Hauptstadt des Deutschen Reiches mehr als
91 Personen an sich heranzuziehen, wozu der Centralverband doch
auch ein nicht unbedeutendes Kontingent gestellt hatte, zeigt deutlich,
daß diesen Vereinen der feste Boden in der Bevölkerung fehlte.