370 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
und selbst die Regierungskreise theilweise von der Noth—
wendigkeit der Aenderung unserer bisherigen Wirthschaftspolitik zu
überzeugen.
„Die Noth, welche beten lehrt, hat diesen Umschwung
beschleunigt, und gegenwärtig kann man wohl behaupten, daß die
gesammte deutsche Industrie fast ohne Ausnahme die Grundsätze
des Centralverbandes theilt und die Errichtung eines autonomen
Tarifs für den allein möglichen Weg zur Heilung unserer wirth—
schaftlichen Gebrechen ansieht.
„Der Centralverband würde hinter der Aufgabe, die er sich
gestellt, zurückgeblieben sein, wenn er nicht in dieser wichtigen
Frage Vorkehrungen getroffen hätte, um der Reichsregierung den
Entwurf eines solchen autonomen Tarifs unterbreiten zu können,
wie er den Interessen und Bedürfnissen nicht blos der produ—
zirenden Volksklassen, sondern des gesammten deutschen Vater—
landes entspricht. Schon 1876 hatte der Centralverband seine
Ansichten über den österreichisch-deutschen Zolltarif in einer Denk⸗
schrift niedergelegt und konnte der Hoffnung sich hingeben, dadurch
der Regierung die Wünsche der Industrie und Gewerbe, wenigstens
der Majorität nach, näher gebracht zu haben.
„Zum ersten Male haben sich die Vertreter der verschieden⸗
artigsten Gewerbszweige so zahlreich zu einem solchen Zwecke eng
verbunden und schon damit die irrthümliche Lehre von dem Wider—
streit der verschiedenen wirthschaftlichen Interessen, welche seit längerer
Zeit von der neueren Nationalökonomie als ein Dogma behandelt
wurde, hoffentlich für immer zu Schanden gemacht.
„Der Centralverband ist von Anfang an von dem Gedanken
geleitet gewesen, daß alle legitimen Interessen der verschiedenartigsten
Bevölkerungsschichten harmonisch sind, und der autonome Tarif,
bei dessen Feststellung Spinner und Weber, Metall- und Eisen—
industrielle, Papierfabrikanten und Chemiker, Glasindustrielle und
Holzindustrielle, Handelskammern und gewerbliche Vereine, Kon—
sumenten und Produzenten mitgewirkt, ist nichts Anderes, als eine
praktische Bethätigung des hochwichtigen ökonomischen Grundsatzes
der Solidarität der materiellen Interessen.
„Dieser Tarif ist nicht die Privatarbeit eines Fachmannes
oder der Ausdruck der Wünsche eines einzelnen Industriezweiges,
er ist vielmehr hervorgegangen aus der Berathung von Vertretern
fast aller Industriebranchen, und bei dieser Berathung und Fest—