Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 375 
Handelsvertrag mit Konventionaltarifen nicht abschließen werde. 
Darauf richtete der Reichskanzler unter dem 26. Ottober 1878 
an den Freiherrn von Varnbüler das folgende Antwortschreiben: 
„Die Fragen, welche Eure Excellenz mir in dem Schreiben 
vom 19. d. Mts. gestellt haben, würde ich amtlich nur dann 
beantworten können, wenn die Verbündeten Regierungen über 
unsere zukünftige Zollpolitik bereits Beschlüsse gefaßt hätten. 
„In Ermangelung solcher vermag ich Eurer Excellenz nur 
meine persönlichen Ansichten mitzutheilen. So weit es mir gelingen 
wird, letztere zur Geltung zu bringen, liegt es allerdings in meiner 
Absicht, eine umfassende Revision unseres Zolltarifes herbeizuführen 
und die dazu erforderlichen Anträge zunächst der Prüfung der Ver— 
bündeten Regierungen zu unterbreiten. Die Vorarbeiten hierfür 
sind bereits in Angriff genommen. 
„Den Abschluß neuer Handelsverträge mit Konventional— 
tarifen vermag ich so lange nicht zu befürworten, als die Frage der 
Revision unseres Tarifs nicht ihre Erledigung gefunden hat.“ 
Dies war es, wofür der Centralverband bisher mit aller ihm 
zu Gebote stehenden Kraft gekämpft hatte; nunmehr zeigte sich die 
Aussicht, das erstrebte Ziel auch zu erreichen. Unter dem 12. No— 
vember 1878 richtete der Reichskanzler ein die Zoll- und Steuer— 
reform betreffendes Schreiben an den Bundesrath, in welchem er 
die Einsetzung einer Kommission zur Revision des Zolltarifes be— 
antragte. Das Schreiben lautete: 
„Die finanziellen, volkswirthschaftlichen und handelspolitischen 
Verhältnisse, welche auf die gegenwärtige Gestaltung des Vereins— 
Zolltarifs von entscheidendem Einflusse gewesen sind, haben im 
Laufe der letzten Jahre wesentliche Veränderungen erfahren. 
„Die finanzielle Lage des Reichs wie der einzelnen Bundes— 
staaten erheischt eine Vermehrung der Reichseinnahmen durch 
stärkere Heranziehung der dem Reiche zur Verfügung stehenden 
Einnahmequellen. Bei den im vorigen Sommer zu Heidelberg 
stattgehabten vertraulichen Besprechungen über die im Reiche anzu— 
strebende Steuerreform ist denn auch die Ueberzeugung einmüthig 
zum Ausdruck gelangt, daß das System der indirekten Besteuerung 
in Deutschland weiter auszubilden sei, und es ist daselbst über die 
vorzugsweise ins Auge zu fassenden Finanzartikel allseitiges Ein⸗ 
verständniß erzielt worden.
	        
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