Full text: Erster Band (1. Band)

402 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
geschick.. Wenige Tage darauf erschien auch die Begründung 
der Vorlage in der Form einer Denkschrift— Sie begann mit den 
Worten: 
„Der Zolltarif, welchen das Deutsche Reich aus dem Zoll— 
verein überkommen hat, genügt unter den jetzigen veränderten 
Verhältnissen weder in finanzieller noch in volkswirthschaftlicher 
Beziehung den berechtigten Anforderungen.“ Beides sei, besagte 
das Schriftstück, aus der geschichtlichen Entwicklung zu erklären. 
Der Zollverein als solcher habe kein finanzielles Bedürfniß gehabt, 
und die Einzelstaaten wären mit den direkten und sonstigen Steuern 
ausgekommen. Der Tarisschutz ferner habe ursprünglich den volks— 
wirthschaftlichen Verhältnissen entsprochen. Als er später ungenügend 
geworden sei, habe die Zollvereinsverfassung seine Fortbildung 
gehindert. Dazu sei die nothwendige vielseitige Rücksicht auf 
das Ausland gekommen, welche die Wünsche nach Sicherung 
des einheimischen Marktes in den Hintergrund gedrängt habe. 
Jetzt sei die Lage eine ganz andere. Das Reich und die Einzel— 
staaten seien für die Deckung ihres finanziellen Bedarfs auf 
Zolleinnahmen angewiesen. Die früheren Schwierigkeiten bei 
Aenderung des Tarifs seien weggefallen. Die Rücksicht aufs Aus—⸗ 
land desgleichen. Das Ausland habe solche Zollmauern geschaffen 
und bedrohe durch seine Massenproduktion Deutschland derartig, 
daß Gegenmaßregeln unerläßlich seien. Es hätte die Frage entstehen 
können, ob der finanzielle Zweck nicht etwa nach englischem Muster 
durch höhere Besteuerung nur weniger Artikel zu erreichen sei. 
Dagegen habe aber mancherlei gesprochen, besonders die sehr ver— 
schiedenen Konsumtionsverhältnisse der verschiedenen Theile Deutsch— 
lands, welche eine einseitige Belastung einzelner Gebiete befürchten 
ließen. Dazu erfordere die Rücksicht auf die deutsche Volks⸗ 
wirthschaft eine vollständige Tarifreform. Es handle sich nicht um 
Hilfe für einzelne ihrer Zweige, sondern um Wahrung des deutschen 
suneren Marktes. Unter diesem Gesichtspunkte habe die Kommission 
die Frage erwogen. 
Die Denkschrift wies alsdann auf die neuerlichen großen 
Zollerhöhungen in Amerika, Rußland, Oesterreich, Italien und 
Frankreich hin und betonte, daß die geplanten Zolländerungen 
nur bezweckten, der deutschen Industrie einen mäßigen Vorsprung 
vor der fremden Konkurrenz einzuräumen. Im übrigen sei die 
Erhaltung ihrer Exportfähigkeit stets sorgsam erwogen worden. Das
	        
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