2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 425
Erwerbszweigen erweckt werden, namentlich die der Feinspinnerei,
deren Erzeugnisse gleichfalls ungenügend geschützt seien. Es würde
auch der Widerstand der die feinsten Gewebe verarbeitenden In⸗
dustrien, so namentlich der Industrien im Bezirke der Handels—
und Gewerbekammer Plauen, hervorgerufen werden; aber auch die
Bleichereien, Färbereien und Druckereien würden von einer dem
Antrage entsprechenden Aenderung ungünstig berührt werden.
Trotzdem würde er den Antrag befürworten, wenn er sich von der
Zweckmäßigkeit desselben überzeugen könnte. Das sei aber nicht der
Fall, da er eine Unterscheidung lediglich nach dem Gewicht, unter
Nichtbeachtung der Fadenzahl, für unzweckmäßig erachte. Der
Reichstagsabgeordnete Feustel-Bayreuth berichtete, daß der Antrag
des Elsässer Industriellen Syndikates in der Kommission des Reichs—
tages wohlwollend beurtheilt worden sei, und daß die Kommission,
auf die Anträge des Referenten Lohren und des Abgeordneten
Grothe, sich demgemäß entschlossen habe, im Plenum zu bean—
tragen, die Verzollung baumwollener Gewebe nach dem hier zugrunde
gelegten System zu ändern. Bei der Verhandlung im Plenum stellte
sich jedoch heraus, daß, trotz allen Wohlwollens, bei der Regierung
doch ernste Bedenken entstanden waren, nicht nur in Bezug auf
das Prinzip selbst, sondern wesentlich aus der Sorge, ob die Zoll—
beamten soweit vorgebildet seien, um die Schwierigkeiten der neuen
Tarifirung nach Gewicht und Fadenzahl zu überwinden. Es war
daher zu keinem Beschluß gekommen. Die Mitglieder des Reichs—
tages theilten sich in solche, die den Kampf gegen den Zolltarif
geführt hatten und in schärfster Weise weiterführten und daher für
irgend welche von schutzzöllnerischer Seite ausgehenden Anträge
nicht zu haben waren, und in solche, die zwar dem Schutz der
nationalen Arbeit zugethan waren, aber, wenn ihnen nicht das
Bedürfniß zu irgend einer Aenderung als unabweisbar nachgewiesen
werden konnte, an dem Bestehenden nicht rütteln wollten.
Kommerzienrath Haßler-Augsburg wies nach, daß die vom
Elsaß angeregte Frage noch nicht genügend geklärt und daher für
die Beschlußfassung im Centralverbande noch nicht reif sei Ger
beantragte, unter Zustimmung der Referenten, den vorliegenden
Antrag einer aus Vertretern der verschiedenen Unterverbände
der Textilindustrie zusammenzusetzenden und mit dem Rechte der
Cooptation auszustattenden Kommission zur weiteren Bearbeitung
zu überweisen. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.