428 H MBueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Centralverband mit der Absicht, allmählich eine Beruhigung der
Gegner und, wenn thunlich, eine Verständigung mit ihnen herbei—
zuführen, die Parole ausgegeben worden, Aenderungen des neuen
Zollgesetzes nicht zu verlangen, sondern dessen Bestand, gewisser—
maßen als „ehrliche Probe“ auf die Wirkung des neuen Gesetzes,
unverändert zu erhalten.
Bei der lebhaften, dem Erlaß des Gesetzes vom 22. Mai 1885
vorangegangenen Agitation der Landwirthe war auch ein Zoll auf
Wolle verlangt worden; er sollte für Schmutzwolle 10 Mark, für
Rückenwäsche 20 Mark und für Fabrikwäsche 30 Mark betragen.
Diese Forderungen waren im Gesetz nicht berücksichtigt worden, sie
traten aber im November desselben Jahres in verstärktem Maße
hervor. Die Landwirthe verlangten jetzt Zollsätze von 30, 60 und
90 Mark, womit der Zoll etwa 75 pCt. des Werthes von mittel—
feinen deutschen Wollen betragen haben würde. Der Reichsregierung
war eine diese Forderung enthaltene Petition von Landwirthen
zugegangen, die etwa 30000 Unterschristen trug. Die auf die
Einführung eines Wollzolles gerichteten Bestrebungen hatten den
Widerspruch des Centralvereins der Deutschen Wollen—
waarenfabrikanten hervorgerufen. Bei Gelegenheit der Neu—
jahrsmesse in Leipzig hatte am 5. Januar 1886 auf Veranlassung
dieses Centralvereins eine große Versammlung stattgefunden, die
sich an das Direktorium des Centralverbandes mit dem Antrage
gewendet hatte, ihren Widerstand gegen die Einführung eines
Zolles auf Rohwolle zu unterstützen. Dieser Antrag wurde in der
Sitzung des Ausschusses am 27. Februar 1886 verhandelt.“)
Der Referent, Kommerzienrath Buchwald-Großenhain, Vor—
sitzender des Centralvereins Deutscher Wollenwaarenfabrikanten,
wies nach, daß die deutsche Schafzucht den Bedarf der Industrie
an Wolle bei weitem nicht decken könne. Im Jahre 1884 seien in
Deutschland nur 490000 Centner Wolle produzirt, davon seien
252 000 Centner ausgeführt und 238 000 Centner in Deutschland
verbraucht worden. Aus dem Auslande eingeführt worden seien
dagegen 2114000 Centner. Der Verbrauch an Wolle habe daher
2325000 Centner betragen. Als Beweis für die Bedeutung der
deutschen Wollwaarenindustrie wies Referent darauf hin, daß 1884
175 752 Doppelcentner solcher Waaren ausgeführt und nur
*) Verhandlungen ꝛc. Heft 32, S. 38.