Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 465 
mächtige Reich war auf handelspolitischem Gebiete in einigen nicht 
wesentlichen Punkten zum ersten Mal mit Frankreich in vertrags— 
mäßige Beziehungen getreten. Der deutschen Reichsregierung war 
das große Verdienst vorbehalten, Rußlands Geneigtheit zum Ab— 
schluß eines umfassenden Handelsvertrages, und zwar eines Tarif— 
vertrages, herbeizuführen. 
Die bereits dargelegten, bei dem Abschluß der früheren 
Handelsverträge gemachten Erfahrungen waren für die Reichs— 
regierung die Veranlassung, bei der Verhandlung mit Rußland ein 
anderes Verfahren als bisher einzuschlagen. 
Unter dem 20. August 1893 hatte der Reichskanzler dem 
Direktorium des Centralverbandes mitgetheilt, daß laut Vereinbarung 
mit der kaiserlich-russischen Regierung die Unterhandlungen über den 
Abschluß eines Handelsvertrages am 1. Oktober d. J. in Berlin 
beginnen würden. Um die Beschlußfassung über die im Laufe der 
Verhandlungen entstehenden Fragen vorzubereiten und zu erleichtern, 
sei beabsichtigt, den deutschen Unterhändlern für die Dauer der 
Verhandlungen einen Beirath zur Seite zu stellen, in welchem einige 
dem Handels- und Gewerbestande angehörige Sachverständige, 
welchen vorzugsweise über die deutsch-russischen Verkehrsbeziehungen 
praktische Erfahrungen zur Seite stünden, dauernd oder zeitweise mit— 
wirken sollten. Unter Hinweis hierauf ersuchte der Reichskanzler, 
ihm zu den angegebenen Zwecken Vertreter der Industrie namhaft 
zu machen. Schließlich theilte der Reichskanzler mit, daß er an 
das Präsidium des Deutschen Handelstages dasselbe Ersuchen ge— 
stellt habe. In Ausführung dieses Auftrages verständigte sich der 
Centralverband zunächst mit dem Präsidium des Deutschen Handels— 
tages darüber, daß diesem die Bezeichnung der Sachverständigen für 
den Handel, dem Centralverbande solcher für die Industrie zufalle. 
Ferner faßte der Centralverband die ihm ertheilte Aufgabe so auf, 
daß er verpflichtet sei, nicht nur die von ihm vertretenen Industrien, 
sondern die gesammte Industrie bei der Bezeichnung von Sach— 
verständigen zu berücksichtigen. Diese Auffassung wurde in per— 
sönlicher Besprechung zwischen dem Unterstaatssekretär von Rotten— 
burg und dem Geschäftsführer von dem Ersteren als zutreffend 
anerkannt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch eine Verständigung über 
die ungefähre Anzahl der zu bezeichnenden Sachverständigen und 
über den Zeitpunkt, bis zu welchem die Bezeichnungen längstens 
zu erfolgen hätten, herbeigeführt. Behufs Ermittelung der ge— 
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