2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 467
des Centralverbandes nicht im Widerspruch gestanden; denn
der Centralverband sei überzeugt gewesen, daß Deutschland nur
mit einem solchen Tarif in der Lage sein würde, Handelsverträge
abzuschließen. In dieser Beziehung verwies der Referent auf die
vergeblichen Bemühungen der deutschen Unterhändler, im Jahre 1877
mit Oesterreich-Ungarn zu dem Abschluß eines Handelsvertrages zu
gelangen. Die Verhandlungen seien damals an dem Umstande
gescheitert, daß die Eisenzölle aufgehoben und die übrigen Zölle wesent—
lich ermäßigt gewesen seien, so daß die deutschen Unterhändler dem—
gemäß leere Taschen und nichts zu bieten gehabt hätten. Erst durch
die Schaffung des autonomen Tarifes habe Fürst Bismarck dem
Deutschen Reich die Grundlage für den erfolgreichen Abschluß von
Handelsverträgen gegeben. Der Referent bemerkte, er habe diese
Ausführungen besonders gemacht, um die Angriffe zurückzuweisen,
die von freihändlerischer Seite auch gegenwärtig noch gegen
die Wirthschaftspolitik des Fürsten Bismarck gerichtet würden.
Er machte weiter sehr eingehende und ausführliche Mittheilungen
über die im Reichstage zur Berathung stehenden Handelsverträge,
indem er ganz besonders bezüglich des Handelsvertrages mit
Rumänien nachwies, daß der Widerstand der Landwirthschaft
ungerechtfertigt sei, daß andererseits aber der Industrie ganz außer⸗
gewöhnliche Vortheile durch diesen Vertrag geboten würden. In
dem Vertrage wäre nämlich gänzliche Zollfreiheit festgesetzt für
zahlreiche Chemikalien, Bücher, Musikalien, Eisenbahnschienen und
Weichen, Bandeisen, Maschinen aller Art mit Dampf—-, Elektrizitäts—
und Gasbetrieb, landwirthschaftliche und industrielle Maschinen,
darunter Nähmaschinen sowie wissenschaftliche Instrumente und
Apparate. Der deutsche Vertragstarif hätte Aenderungen nicht
erfahren. Besonders ausführlich und eingehend waren die Aus—
führungen des Referenten,“) in denen er den Nachweis führte, daß,
nachdem im Handelsvertrage mit Oesterreich der Zoll für Brot—
früchte auf 3,50 Mark ermäßigt worden sei, der Landwirthschaft
aus dem vorliegenden Vertrage mit Rumänien weitere Schädigungen
nicht erwachsen würden. In Bezug auf den Widerstand der Land—
wirthschaft gegen diesen Handelsvertrag hob der Referent hervor,
daß der Centralverband immer auf dem Standpunkt gestanden
habe, die Interessen von Landwirthschaft und Industrie für soli—
darisch zu erachten. Er führte an den verschiedenen Aktionen und
*Ebenda S. 15 23.
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