2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 473
Am 19. Februar 1894*) fand die Ausschuß- und Delegirten—
versammlung in Sachen des deutsch-russischen Handelsvertrages
statt. Sie war sehr zahlreich besucht und gestaltete sich zu einer
höchst eindrucksvollen Kundgebung. Der Referent Geschäftsführer
Bueck gab zunächst eine eingehende Darstellung der russischen Zoll—
und Handelspolitik bis zum Erlaß des Tarifs vom Jahre 1891.
Rußland sei, nach mehrfachen Schwankungen, zu einer starken
Schutzzollpolitik übergegangen und nach häufigen Erhöhungen seiner
Zölle schließlich zu seinem Tarif von 1891 gelangt, mit dem es ein
fast prohibitives System eingeführt habe, sodaß der Tarif Zollsätze
von 100 pCt. vom Werthe der Waare und mehr enthalte. Dabei
sei der Tarif höchst unsachlich zusammengestellt, denn er werfe
Waaren im Werthe von 30 Mark und 5000 Mark in eine Position
zusammen. Dadurch seien die Verhandlungen über den Abschluß
des Vertrages mit Rußland außerordentlich erschwert worden.
Nach einem Hinweis auf die Vorgänge in der Zoll- und
Wirthschaftspolitik im Deutschen Reiche in den letzten Jahren, wobei
der Abschluß der Handelsverträge besonders erwähnt wurde, kam
der Referent auf die Vorgänge bei den Verhandlungen über den
deutsch-⸗russischen Handelsvertrag und besonders auf die Thätigkeit
des Zollbeirathes zu sprechen. Eine auf diese Thätigkeit bezügliche
Aeußerung des Referenten muß aber wörtlich hier wiedergegeben
werden, da sie von der Anerkennung Zeugniß ablegt, welche in
den Kreisen des Centralverbandes der Thätigkeit des Zollbeirathes
gezollt wurde. Bueck sagte:
„Von der Thätigkeit der Vertreter der Landwirthschaft ist mir
nichts bekannt geworden. Umsomehr aber, meine Herren, kann ich
hier aus vollster Ueberzeugung bekunden, daß die Vertreter des
Handels, und ganz besonders die Vertreter der Industrie, die
Herren Kommerzienrath Möller, Kommerzienrath Vogel und
Oberbergrath Wachler mit einem unvergleichlichen Fleiß, mit einer
unerschöpflichen Arbeitskraft, mit einem großen Verständniß gear—
beitet haben, indem sie suchten, von den Sachverständigen die
Wahrheit über ihre Wünsche zu erfahren, sich über die Berechtigung
ihrer Forderungen aufzuklären, und mit einer außerordentlichen
Energie diese Wünsche später bei den Verhandlungen zu befür—
worten, — daß sie das Aeußerste geleistet haben, was in derartigen
*) Verhandlungen ꝛc. Heft 61.