2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 487
zu dem Schlusse zu gelangen, daß die große Eisen- und Stahl—
industrie Rheinlands und Westfalens keine Begünstigungen erzielt
habe. Nichtsdestoweniger, so fuhr der Redner fort, würde er
aber doch sehr unrecht thun, wenn er sagen wollte, weil für diese
Industrie nichts erreicht sei, deswegen sei ihm der ganze Handels—
vertrag nicht viel werth. Er meine, man habe sich auf den Stand—
punkt der Allgemeinheit zu stellen und vom wirthschaftlichen
Gesichtspunkte aus unbedingt darauf zu dringen und darum zu
bitten, daß der Handelsvertrag so rasch als möglich angenommen
werde, um neue Arbeitsgelegenheit für eine ganze Reihe von
Industrien zu schaffen. Hauptsächlich habe er darum das Wort
genommen, um seinem Bedauern Ausdruck zu geben, daß die deutsche
Landwirthschaft so sehr mit dem deutsch-russischen Handelsvertrag
unzufrieden sei. Er könne sich nicht ganz auf den Standpunkt des
Referenten stellen, daß die Oeffnung der russisch-deutschen Grenzen
für russisches Getreide zu den ermäßigten Sätzen vollständig ohne
Nachtheil für die deutsche Landwirthschaft sein werde. In dieser
Beziehung könne er der Argumentation des Referenten nicht folgen.
Er könne sich Verhältnisse und Zeiten denken, in denen die Ueber—
schwemmung der östlichen Provinzen mit russischem Getreide auf
den dortigen Märkten einen starken Preisdruck herbeiführen werde,
der dann seine Kreise auf immer weitere Gebiete erstrecken würde;
das sei aber nicht mehr abzuwenden. Der Centralverband sei
zwar keine politische Körperschaft, dürfe aber doch bei Be—
urtheilung der gesammten Sachlage Erwägungen der allgemeinen
Politik nicht außer acht lassen. Von diesen Gesichtspunkten aus
sei es ihm von jeher zweifellos gewesen, daß das Deutsche Reich
das, was es der ganzen Welt konzedirt habe, unmöglich einem
Nachbar auf die Dauer vorenthalten könne, und daß, nachdem
sämmtlichen anderen Staaten die ermäßigten Getreidezölle von
31/ Mark eingeräumt worden seien, Deutschland unmöglich auf die
Dauer Rußland gegenüber die differenzielle Zollbehandlung für Getreide
aufrecht erhalten könne. Dieser Gesichtspunkt sei für ihn so durch—
schlagend, daß er, auch wenn im Handelsvertrage für die Industrie
noch weniger erreicht worden wäre, als erreicht worden sei, für die
Annahme des deutsch-russischen Handelsvertrages gewesen sein würde.
Ihm komme aber ungemein viel darauf an, mit Rücksicht auf die
spätere Gestaltung des Verhältnisses der Industrie zur Landwirth—
schaft, festzustellen, daß die Versammlung mit ihm auch heute noch