532 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
In dem Britischen Reiche waren seit Jahren Bestrebungen
auf den engeren Zusammenschluß der einzelnen Theile desselben
hervorgetreten. Sie wurzelten wohl hauptsächlich in der Erkenntniß
der Schwäche, die über den Erdball verstreuten Theile des Welt—
reiches gegen äußere Feinde zu vertheidigen; sie fanden jedoch ihren
lebhaftesten Ausdruck in dem Wunsche nach engeren gegenseitigen
Beziehungen auf handelspolitischem Gebiete.
Nachdem in dem Dominium Canada die eifrig den wirth—
schaftlichen Anschluß an die Vereinigten Staaten betreibende liberale
Partei in dem entscheidenden Wahlkampfe des Jahres 1892
unterlegen war, verlangte die konservative Partei ihren Lohn für
die bewiesene Treue in Begünstigungen, die das Mutterland auf
seinem Markte den canadischen Ausfuhrartikeln gewähren sollte.
Durch Aufstellung eines neuen Tarifes mit Vorzugssätzen für die
englische Einfuhr suchte Canada das Mutterland auf den Weg
der Einführung von Differenzialzöllen zu lenken. Eine differenzielle
Regelung der Zölle im Britischen Reiche derart herbeizuführen,
daß die Einfuhr aus den Kolonien auf den Märkten Alt-Englands,
die Erzeugnisse des Mutterlandes aber bei der Einfuhr in die
Kolonien zolltarifarisch begünstigt würden, hatte schon auf dem
ersten Kongreß der britischen Handelskammern im Jahre 1886, bei
den Konferenzen der Gouverneure der Kolonien am 2. bis 9. Mai
1887, dann auf den weiteren Kongressen der Handelskammern
1892 und 1896, sowie bei der Konferenz der Gouverneure bei
Gelegenheit der Jubelfeier der Königin 1897 eine große Rolle ge—
spielt. Hierbei war freilich Voraussetzung die Einführung von
Zöllen in England selbst, also das Aufgeben des Freihandels—
prinzipes gewesen.
Die Haltung der englischen Regierung diesen Forderungen
gegenüber war zweideutig. Es sprachen sich, immer in bedingter
Weise, einzelne Minister dafür, andere dagegen aus. Eine klare
bündige Abweisung war kaum zu verzeichnen. Der differenziellen
Behandlung stand aber zunächst der mit dem Zollverein unter dem
30. Mai 1865 geschlossene Meistbegünstigungsvertrag, und zwar
der Artikel 7 desselben im Wege. Dieser Artikel lautete: „Die in
den vorstehenden Artikeln 15-6 getroffenen Bestimmungen (über
die Meistbegünstigung) finden auch auf die Kolonien und aus—
wärtigen Besitzungen Ihrer britischen Majestät Anwendung. In
diesen Kolonien und Besitzungen sollen die Erzeugnisse der Staaten