554 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Baumwollspinner verlangten jetzt mit vollem Recht die Wieder—
herstellung der Sätze des autonomen Tarifes von 1879, um eine
Grundlage für die weitere Entwicklung der Feinspinnereien zu
gewinnen. Seit mehr als Jahresfrist sei der Vorsitzende des
Centralverbandes bemüht, wieder wie damals eine Einigung
zwischen den Spinnern und Webern über die Höhe der Garnzölle
sowie über die rationelle Gestaltung der Grundlage für die Ver—
zollung der Gewebe und die dabei zur Anwendung zu bringenden
Zollsätze herbeizuführen. Zu diesem Zweck hätten Versammlungen
in Wiesbaden, Augsburg, Frankfurt und zuletzt am 29. und
30. September in Berlin stattgefunden. Leider sei es der frei—
händlerischen Agitation gelungen, vereinzelte bewährte Kräfte, die
früher Schulter an Schulter mit dem Centralverband gearbeitet
hätten, dieses Mal von seinen Bestrebungen fernzuhalten. Hierdurch
habe aber nicht verhindert werden können, daß in der letzterwähnten
großen Versammlung, abgesehen von einem ganz untergeordneten
Punkte, eine volle Verständigung über die zu beantragende Höhe
der Zölle für Baumwollengarne und Gewebe sowie über die Grund—
lage für die Verzollung der letzteren erzielt worden sei.
Hinsichtlich der in der Wollenindustrie vorhandenen Be—
fürchtungen wegen der Einführung eines Zolles auf Wolle sei er, der
Geschäftsführer, bemüht gewesen, wo sich ihm Gelegenheit geboten
habe, die Ueberzeugung zu verbreiten, daß die Einführung eines
solchen Zolles weder von dem Grafen von Posadowsky noch von
einem anderen Mitgliede der Reichsregierung beabsichtigt werde.
Die Beunruhigung habe aber neue Nahrung durch den Umstand
gefunden, daß der Bund der Landwirthe in dem von ihm heraus—
gegebenen „Agrarischen Handbuch“ die Einführung eines sehr hohen
Zolles auf Wolle noch vor dem Ablauf der Handelsverträge ver—
langt habe. Der Geschäftsführer beleuchtete die zum großen Theil
praktisch undurchführbaren Vorschläge, die in dem „Agrarischen
Handbuch“ für die Einführung und Handhabung des Zolles auf
Wolle gemacht waren, und theilte dann mit, daß von Seiten der
Wollenindustrie eine Versammlung einberufen worden sei, um gegen die
Einführung des Wollzolles Einspruch zu erheben. Diese Versamm—
lung habe wegen der Erkrankung eines Referenten aufgeschoben
werden müssen. Aus diesem Umstande hätten die Freihändler ge—
schlossen, daß die Industriellen es nicht mehr wagten, gegen die
Landwirthschaft aufzutreten. Der Geschäftsführer glaubte unter