566 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
urtheilung der Marktlage herbeigeführt worden waren, muß hier
unerörtert bleiben.
Aus allen diesen Verhältnissen ging die Thatsache hervor,
daß große Theile der deutschen Industrie dieses Mal nicht bewogen
werden konnten, ihre Sonderinteressen dem Interesse der Gesammt—
heit unterzuordnen. Unverkennbar lag hier eine beklagenswerthe
Kurzsichtigkeit zu Grunde. Die betreffenden Industriellen hätten
sich sagen sollen, daß sie im Kampfe gegeneinander nur schwer
erreichen könnten, wessen sie, von allen Sonderforderungen ab—
gesehen, in ihrer Gesammtheit als Grundlage ihres Bestandes
und fortschreitenden Gedeihens nothwendig bedurften. Diese Un—
einigkeit in der Industrie selbst mußte sich bei dem vorauszusehenden
harten Kampfe um den neuen Tarif schwer rächen. Ferner
aber war noch zu erwägen, daß bei der Aufstellung des neuen
Tarifes in dem Jahre 1878 und 1879 von keiner Seite die
Aenderung des damals bestehenden Schemas für den Zolltarif in
Aussicht genommen gewesen war. Der Centralverband hatte demgemäß
nur die Zollsätze dem Interesse der Industrie und der Gesammtheit
entsprechend zu bemessen und in das bestehende Schema einzufügen
gehabt. Jetzt sollte das Tarifschema durchgreifend geändert werden.
Wie es gestaltet werden würde, war aber zu der Zeit nicht bekannt,
in der die Aufstellung eines vollständig neuen Tarifes seitens des
Centralverbandes allein hätte zeitgemäß und werthvoll sein können.
Derart waren die Ursachen, die den Centralverband veranlaßten,
dieses Mal auf die Wiederholung einer Aktion zu verzichten, die
in den Jahren 1878 und 1879 so erfolgreich gewesen war.
Alle in der Ausschußsitzung vom 19. Juni 1900 behandelten
einzelnen Anträge mit den zum Theil sehr eingehenden Be—
gründungen, sowie die noch später eingegangenen Anträge wurden
von der Geschäftsführung geordnet, zusammengestellt und unter
dem 30. August von dem Direktorium in einem 279 Foliodruck—
seiten umfassenden Werke den maßgebenden Stellen unterbreitet.
Die für die Mitglieder des Centralverbandes bestimmten Exemplare
dieser Drucksachen wurden auf Beschluß des Ausschusses vorläufig
als vertraulich behandelt. Dies geschah in der Annahme, daß
der Inhalt einer in vielen Exemplaren verbreiteten Drucksache
voraussichtlich bekannt werden würde, daß aber in dem vorliegen—
den Falle die Veröffentlichung dazu beitragen könnte, neue und
verschärfte, wenn auch unberechtigte Angriffe der freihändlerischen