568 H. A Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
hohe Beamte und wenn das Auswärtige Amt die Aufstellung eines
einfachen Tarifes befürworteten, diese Ansicht als maßgebend erachtet
werden sollte.
Mit noch größerer Lebhaftigkeit und Leidenschaftlichkeit als
diese Frage wurden die Getreidezölle erörtert, und diese Erörterung
wurde von den mehr freihändlerisch gesinnten Richtungen so
zugespitzt, daß jeder, der, auf dem Boden der 1879 vom Reiche
beschrittenen Wirthschaftspolitik stehend, sie vertheidigte und vertrat,
von vornherein als Schutzzöllner, als Vertreter des Doppeltarifes
und damit als Feind und Gegner der Handelsvertragspolitik
bezeichnet wurde.
Unter diesen Umständen glaubte das Direktorium klärend in
die Ideenverwirrung eingreifen zu müssen, um namentlich in Bezug
auf die Stellung des Centralverbandes einer richtigeren Ansicht
Eingang zu verschaffen. Es geschah dies in der Sitzung des
Direktoriums vom 19. September 1900 zu Baden-Baden. Das—
Direktorium beschloß in dieser Sitzung, zunächst die in seinem
Auftrage von dem Geschäftsführer Bueck verfaßte Denkschrift „Für
und wider die gesetzliche Feststellung eines Maximal- und eines
Minimal-Zolltarifes als Grundlage für die Handelspolitik Deutsch—
lands“ zu veröffentlichen.“)
Zu der Frage selbst beschloß das Direktorium keine Stellung
zu nehmen. Bei diesem Beschlusse wurde das Direktorium von
der maßgebenden Ueberzeugung geleitet, daß die im Centralverband
vereinigte Industrie zwar zweifellos verpflichtet sei, die von ihr für
richtig erachteten und demgemäß im Interesse des wirthschaftlichen
Wohles der Nation mit der Handels- und Zollpolitik zu ver—
folgenden Ziele und Zwecke zu bezeichnen, daß es andererseits aber
die Aufgabe der Exekutive des Reiches sei, nach Maßgabe der ihr
zu Gebote stehenden, weit umfassenderen Kenntniß und Erfahrung
in der Behandlung auswärtiger Angelegenheiten, diejenigen Mittel
und Wege zu wählen und einzuschlagen, mit denen die vorbe—
zeichneten Ziele am besten und sichersten erreicht werden könnten.
Das Direktorium erachtete die Verantwortung für die Industrie,
wenn sie sich für den einfachen oder für den Doppeltarif aus—
sprechen würde, nach Lage der damaligen Verhältnisse für zu
gefährlich. Denn, wenn der Doppeltarif sich als Hinderniß für den
») Verhandlungen ꝛc. Heft 88, S. 9 658.