Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels-u. Zollpolititk. 571 
fordern, die einzelnen besonders ins Auge fallenden Zölle fortge— 
setzten Angriffen unterworfen. Dies war auch die Politik des neu— 
gebildeten Handelsvertragsvereins, der bestimmt zu sein schien, 
den Sammelpunkt aller freihändlerischen Elemente zu bilden. Die 
Bezeichnung „Handelsvertragsverein“ war sehr klug gewählt, denn 
sie klang außerordentlich unschuldig. Abgesehen vielleicht von den 
extremsten Agrariern gab es keine Partei, von denen die Handels— 
verträge zurückgewiesen wurden. Besonders die Industrie in ihrer 
Gesammtheit, und namentlich die in dem Centralverband vertretene 
Industrie, forderte den Abschluß langfristiger Handelsverträge mit 
der größten Entschiedenheit. In dieser Beziehung bestand also 
zwischen den Bestrebungen des Centralverbandes und denen des 
Handelsvertragsvereins kein Unterschied. Dieser Umstand mag 
wohl dahin gewirkt haben, daß nicht wenige Industrielle und auch 
Mitglieder des Centralverbandes sich dem Handelsvertragsverein 
bei seiner Begründung anschlossen, ohne den großen entscheidenden 
Gegensatz zu erkennen und zu beachten, der in der prinzipiellen 
Beurtheilung handelspolitischer Fragen zwischen dem Central— 
verbande und dem Handelsvertragsverein bestand. Dieser Unter— 
schied trat besonders in der „Korrespondenz“ des Handelsvertrags— 
vereins hervor, die in Verfolgung der vorhin gekennzeichneten 
Politik die Vertreter der jetzigen Wirthschaftspolitik und die be— 
stehenden Zölle unausgesetzt mit Angriffen bedachte. 
Nachdem das Direktorium durch seinen Beschluß vom 
19. September 1900 entschieden für langfristige Handelsverträge 
eingetreten war, vermehrten und verschärften sich auch die von 
agrarischer Seite auf den Centralverband gerichteten Angriffe 
wieder. Wenngleich die Organe des Bundes der Landwirthe, 
freilich niemals ohne die für nothwendig erachtete Verklausulirung, 
stets versicherten, keine Gegner von Handelsverträgen zu sein, 
so wurden doch alle mit Ernst und Entschlossenheit für langfristige 
Handelsverträge eintretenden Kreise, und somit auch der Central— 
verband, als Feinde der agrarischen Bewegung angesehen 
und behandelt. Dies geschah wohl in der richtigen Erkenntniß, 
daß ein solches Eintreten mit einer schließlichen Abwehr der extrem 
agrarischen Forderungen zusammenfallen müsse. 
Die hier dargelegten Verhältnisse in ihrer Gesammtheit 
veranlaßten das Direktorium, die Frage der Getreidezölle in
	        
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