Full text: Erster Band (1. Band)

574 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Die Preise hätten sich auf internationaler Grundlage gebildet. Maß— 
gebend sei nicht mehr die lokale Erzeugung und der lokale Verbrauch, 
sondern die Welternte und der Weltbedarf geworden. Der Umstand, 
daß es fast gleichgültig geworden sei, von welcher Stelle der Erde 
aus der an einer anderen Stelle der Erde sich ergebende Bedarf 
gedeckt werde, habe zur weiteren Folge, daß das am billigsten 
produzirende Land, welches aus seinem Vorrath Brotgetreide an 
den Weltmarkt abgeben könne, auch bestimmend für den Weltmarkt— 
preis geworden sei. Damit sei auch erklärt, wie die Landwirthschaft 
gerade in den Kulturstaaten am meisten leide; denn in diesen habe sie 
die höchsten Aufwendungen zu machen und mit weit höheren Pro— 
duktionskosten zu rechnen. Der Referent verwies dann auf den der 
Industrie gewährten Schutz und zog daraus den Schluß, daß auch 
die Landwirthschaft berechtigt sei, einen angemessenen Schutz zu ver— 
langen. Ueber das, was „angemessen“ sei, gingen die Ansichten 
weit auseinander. Nach der von ihm vertretenen Ansicht sollten 
die landwirthschaftlichen Zölle nicht höher sein, als sie im Interesse 
des Gemeinwohles der ganzen Nation sein dürften und dem 
Abschluß langfristiger Handelsverträge nicht entgegen stünden. Die 
Besorgniß, von den Gegnern auch zu den „Brotwucherern“ gezählt 
zu werden, dürfe den Centralverband nicht abhalten, sich für einen 
angemessenen Schutz der Landwirthschaft auszusprechen. Er könne 
die Angriffe kühl hinnehmen in der Ueberzeugung, daß der Preis 
der Lebensmittel, insbesondere der Preis des Brotgetreides, von 
wesentlich anderen Faktoren und Verhältnissen weit stärker und 
maßgebender beeinflußt werde und abhänge als von der Höhe des 
jeweiligen Zolles. Für diese Behauptung brachte der Referent 
ziffermäßige Beweise und er gelangte dabei zu dem weiteren 
Schlusse, daß der Einfluß des Zolles auf die Preisbildung des 
Getreides gering sei, noch geringer auf den Preis des Mehles und 
ganz gering, fast verschwindend, auf den Preis des Brotes. 
Der Referent verwies dann auf die große Bedeutung, die eine 
verbrauchsfähige und kaufkräftige landwirthschaftliche Bevölkerung 
für die Industrie habe. Denn für die große Zahl der industriellen 
Arbeiter käme es hauptsächlich darauf an, reichliche Arbeit und 
guten Verdienst zu haben. Wenn der Arbeiter keinen Verdienst 
habe, so sei ihm auch das billigste Brot zu theuer. Der Referent 
sagte dann, daß der zu fassende Beschluß die Gegner wahr— 
scheinlich veranlassen würde, die schon so oft aufgestellte Be—
	        
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