580 H. A Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Zurückziehung dieser Verordnung beantragt und den Centralverband
gebeten, ihr Gesuch um die Wiederherstellung der bisherigen Art
der Verzollung seinerseits zu unterstützen. Die im Handelskammer—
bezirk Plauen befindlichen Stickereien beziehen namentlich irische
Taschentücher, die bereits mit einfachen Hohlsäumen versehen sind,
und veredeln sie durch Anbringung von Monogrammen und anderen
Stickereien. Das Direktorium konnte zu dieser Angelegenheit nicht
sofort Stellung nehmen, da durch dieselbe möglicherweise die Inter—
essen der Fabrikanten derartiger Taschentücher in Deutschland hätten
geschädigt werden können. Es sah sich daher veranlaßt, sehr eingehende
Erhebungen anzustellen, die im Jahre 1901 nicht zu Ende geführt
werden konnten und dazu führten, den Antrag nicht zu unterstützen.
Die Fertigstellung der das Zolltarifgesetz und den Zolltarif
betreffenden Vorlage für den Bundesrath seitens der betreffenden
Reichsbehörde hatte sich sehr verzögert. Die von mehreren Seiten
gehegte Hoffnung, daß diese Vorlage noch in der Sitzungsperiode
1900 und 1901 dem Reichstage zugehen werde, war lange aufgegeben
worden. Endlich im Juli verlautete, daß die Vorlage dem Bundes—
rath zugegangen sei. Ueber ihren Inhalt war das tiefste Geheimniß
bewahrt worden. Durch einen Vertrauensbruch wurde jedoch der
hauptsächlichste Inhalt der Vorlage bekannt, worauf sich der Reichs—
kanzler veranlaßt sah, die Vorlage am 26. Juli 1901 unter der
Ueberschrift „Entwurf eines Zolltarifgesetzes nebst Zolltarif für das
Deutsche Reich“ im „Reichsanzeiger“ zu veröffentlichen, wohl um der
Legendenbildung den Boden zu entziehen, die sich in Anknüpfung
an die unverbürgten Mittheilungen über die Vorlage zu vollziehen
begann. Die veröffentlichte Vorlage war aber in manchen Be—
ziehungen noch nicht endgiltig fertiggestellt gewesen. Eine Mit—
theilung in der Presse, daß im Preußischen Staatsministerium eine
Abstimmung über den Tarif noch nicht stattgefunden habe, wurde
von der Regierung nicht berichtigt. Zur Zeit der Veröffentlichung
und auch später noch waren in den größeren Bundesstaaten, so
auch im Preußischen Handelsministerium, Vernehmungen von Sach—
verständigen über einzelne Tarifpositionen im Gange. Diese Vor—
gänge ließen erkennen, daß es sich um eine unfertige Sache handelte.
Der veröffentlichten Vorlage hatte daher wohl nur, um dem ge—
wöhnlichen Geschäftsgange zu entsprechen, die vorerwähnte Be—
zeichnung gegeben werden müssen.