Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 23 
neu belebt. Diese war ihm jedoch nicht beschieden. Der Gegensatz 
zwischen Freihandel und Schutzzoll, der sich mit den ersten, auf 
die Besserung der Zollverhältnisse in Deutschland gerichteten Be— 
strebungen bemerkbar gemacht hatte, war immer schärfer geworden 
und schließlich zu einem Kampf ausgeartet, der leidenschaftlich und 
heftig zwischen den Parteien im Volke und den Regierungen geführt 
wurde, so daß der Bestand des Zollvereins ernstlich bedroht erschien. 
Während der früheren Zustände in Deutschland hatte die 
Industrie fast nur in den größeren Staaten eine gewisse Ausdehnung 
h erlangt, es aber auch hier wegen der traurigen Verhältnisse, die 
g sich hindernd dem Verkehr entgegen stellten, nicht über eine ge— 
wisse lokale Bedeutung bringen können. In den meisten, besonders 
den kleineren Staaten, wurde der Industrie keine Bedeutung bei— 
gelegt, vielmehr der Zwischenhandel mit fremden Erzeugnissen vorzugs— 
weise begünstigt. Während der achtjährigen Dauer des Zollvereins 
p hatte sich die Industrie merkwürdig schnell entwickelt. Sie hatte sich 
h über weite Gebiete ausgedehnt, zahlreiche neue Betriebsarten auf⸗ 
41 genommen und mit Erfolg begonnen, auswärtige Märkte aufzusuchen. 
Es hatte sich ein Stand der Industriellen gebildet, der selbstvertrauend 
3 und selbstbewußt seine Interessen selbständig zu vertreten begann. 
4 Die im Verkehr bisher hauptsächlich hervorgetretenen größeren 
n Kaufleute hatten ihren Gewinn wesentlich aus dem Handel mit 
n fremden Industrie— und Natur-Erzeugnissen gezogen. Dieser Handel 
war durch die steigende Versorgung des deutschen Marktes mit 
inländischen Waaren mehr und mehr eingeschränkt worden. Wenn 
auch die Hebung des inneren Verkehrs und der beginnende Export 
einigen Ersatz leistete, so konnten die Kaufleute, und namentlich die 
größeren Inporheure doch die für sie günstigeren Zeiten und Zustände 
nicht vergessen. de mehr daher die Industrie und diejenigen, von 
denen sie ausgeübt wurde, erstarkten, desto größer wurde der Gegen— 
5 satz zwischen ihnen und den Vertretern des Handels, die es verstanden, 
weite Kreise der Verbraucher an ihre Interessen zu fesseln. So 
entstand der Kampf zwischen Schutzzoll und Freihandel, der nun 
3 auch zwischen den Zollvereinsregierungen in hellen Flammen auf— 
4 loderte. 
Den nächsten Anlaß gab die infolge einer Krisis in der 
englischen Eisenindustrie eingetretene Ueberschwemmung des deutschen 
it Marktes mit englischem Eisen. Die Eisenindustrie, besonders die 
zunächst in ihrem Bestande bedrohte rheinische, erhob lebhafte
	        
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