Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 3 
Der positive Mangel an nationalökonomischen Kenntnissen 
und die Geringschätzung der wirthschaftlichen Verhältnisse bei den 
österreichischen Staatsmännern jener Zeit macht es erklärlich, daß 
die Regierung in Wien weder die Bedeutung der in Deutschland 
eingetretenen Bewegung richtig erkannte, noch die geeigneten Mittel 
ergriff, ihr eine andere Richtung zu geben. Die Versuche, die 
übrigen Staaten gegen preußische Ueberhebung und Anmaßung 
aufzustacheln und die preußische Hegemonie als Schreckgespenst 
darzustellen, hatten keinen nachhaltigen Erfolg; sie mußten vor der 
Macht der materiellen Interessen in den Hintergrund treten. Den 
Anerbietungen auf den Abschluß von Handelsverträgen mit den 
einzelnen deutschen Staaten, besonders mit der bayerisch-württem— 
bergischen Vereinigung, fehlte es an Offenheit und Nachdruck, be— 
sonders aber an dem Verständniß für die unabweisbaren Interessen 
des anderen Theiles. 
Als im Sommer 1832 die längere Stockung in den 
Berliner Verhandlungen über den Abschluß der Zollvereins— 
verträge eintrat, glaubte die österreichische Regierung mit Zuversicht, 
auf deren gänzliches Scheitern rechnen zu können. Die Nachricht 
von dem wirklich erfolgten Abschluß kam daher unerwartet und 
überraschte die österreichischen Staatsmänner in hohem Grade. 
Um Oesterreich über die Sachlage aufzuklären und zu beruhigen, 
entsandte Bayern sofort den Freihern von Münch nach Wien. 
Dort vermochte man jedoch einen solchen Erfolg der im deutschen 
Volke aufgetauchten Ideen nicht zu begreifen und schrieb alles 
den Umtrieben der preußischen Politik zu. Die österreichische 
Megierung tonnte auch jezt noch nicht zu der Grkenntmß 
gelangen, daß ein Volk wie das deutsche unbedingt einer Fort— 
bildung und Entwickelung seiner gesammten Zustände bedürfe und 
daß seine Forderungen, wenn auch zeitweise ignorirt und zurück— 
gewiesen, sich zuletzt mit unwiderstehlicher Kraft Bahn brechen müßten, 
sowie, daß eine Regierung, die im rechten Augenblick es verstehe, 
sich diese Forderungen zu eigen zu machen und sie zu leiten, 
Herr der ganzen Lage werden müßte, während die Widerstrebenden 
n bei Seite geschoben und verdrängt würden. 
n Darum erschöpfte man sich in Wien unnütz mit Erörterungen, 
was jetzt zu thun sei. An der Thatsache, daß der deutsche Zoll— 
verein sich ohne Mitwirkung und auch ohne ernsten direkten Wider— 
spruch Oesterreichs gebildet hatte, war nichts mehr zu ändern.
	        
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