Full text: Erster Band (1. Band)

36 Der Centralverband 1876 — 1901. 
Seit jener Zeit hatte sich die österreichische Regierung von allen 
Schritten gegen den Verein zurückgehalten, ihn gleichsam ignorirt 
und vorläufig jeden Versuch einer Thätigkeit auf volkswirth— 
schaftlichem Gebiete aufgegeben. Erst nach dem Tode Kaiser 
Franz. J. regte sich das österreichische Handelsdepartement wieder. 
Am 1. April 1836 trat eine neue Zoll- und Monopol-Ordnung in 
Wirksamkeit. Auf Grund dieser wurden Verhandlungen mit Preußen 
über den Abschluß- eines Handelsvertrages und eines Zollkartells 
mit dem Zollverein angeknüpft. Da Preußen eine bedeutende 
Modifikation des österreichischen Zollsystems für nothwendig 
erachtete, diese aber nicht zugestanden wurde, so hatten die Ver⸗ 
handlungen jedoch ein schnelles und ergebnißloses Ende. 
Aber in Oesterreich selbst begann man jetzt mehr und mehr an 
dem eigenen System zu zweifeln. Die wenig befriedigende wirth— 
schaftliche Lage wurde auf die mannigfachen Schäden zurückgeführt, 
welche die übertriebene Protektion und Prohibition im Gefolge 
hatten. Hierbei lenkten sich die Blicke unwillkürlich auf die günstigen 
Ergebnisse, welche die Bildung des Zollvereins, besonders auf dem 
Gebiete der industriellen Entwickelung, den deutschen Staaten ge— 
bracht hatte. So konnte es nicht fehlen, daß die Fragen innerer 
Reformen auf dem Gebiete der Handelspolitik und der Gedanke 
des Anschlusses Oesterreichs an den Zollverein im Volke und in der 
Presse lebhaft erörtert wurden. 
Auch den österreichischen Staatsmännern blieben die bedeuten— 
den Erfolge des großen Zollvereins, seine Rückwirkung auf die 
nationalen Ideen des Volkes, seine steigende politische Bedeutung 
und die starke Wirkung, die er auf Preußens Stellung in dessen 
gesammtem Machtbereiche ausübte, nicht verborgen. Immermehr 
ward ihnen zu ihrem Leidwesen klar, daß der deutsche Zollverein 
mit der erzielten großen Entwickelung der gesammten volks— 
wirthschaftlichen Thätigkeit in der Hand Preußens einen furchtbaren 
Hebel bildete, der die Suprematie Oesterreichs ernstlich erschüttern 
konnte, und daß daher für letzteres die dringende Nothwendigkeit 
gegeben sei, seine bisher abgeschlossene und abwartende Stellung 
zum Zollverein zu ändern. Die erste Bedingung hierfür war 
jedoch unverkennbar die Aenderung des eigenen übertriebenen 
Prohibitiv- und Protektionssystems. 
Infolge solcher Erwägungen wurde die Frage des Anschlusses 
an den Zollverein in der That auf Anregung des Fürsten Metternich
	        
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