Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 37— 
in der österreichischen Staatskonferenz ernstlich erwogen, dabei aber 
erkannt, daß das bestehende wirthschaftliche Verhältniß Oesterreichs 
zu Ungarn einen Anschluß an den Zollverein vorläufig unmöglich 
mache. Merkwürdigerweise wurde die Frage, ob denn auch der 
Zollverein, ob besonders auch Preußen zu einer Zolleinigung mit 
Oesterreich geneigt sein würde, gar nicht erörtert, und doch waren 
gerade von dieser Seite die größten Schwierigkeiten zu erwarten. 
Die mittleren und kleinen Zollvereinsstaaten würden dem 
Anschluß Oesterreichs an den Zollverein aus politischen Gründen 
nicht abgeneigt gewesen sein. Preußen hatte in den ersten Jahren 
mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung die dynastischen Vorur— 
theile und partikularistischen Empfindlichkeiten geschont. Es fing 
aber bereits an, sein Uebergewicht geltend zu machen, und hatte 
besonders durch die von ihm gestellten Forderungen bei den Ver— 
handlungen über die erstmalige Erneuerung der Zollvereinsverträge 
große Bedenken hervorgerufen. Aber auch diese Staaten mußten 
die Einbußen erkennen, welche die großen Erträge des Zollvereins 
durch die Vereinigung mit Oesterreich erleiden würden. Denn, während 
die Brutto-Einnahme an Zöllen im Zollverein nahezu 1 Thaler auf 
den Kopf der Bevölkerung betrug, erreichte sie in Oesterreich, trotz 
der bedeutend höheren Zollsätze, nicht einmal die Hälfte dieses 
Betrages. Sollte aber der Zollanschluß unter Wahrung der 
bisherigen Einnahmen aus den Zöllen stattfinden, so setzte dies so 
viele Verkehrsbeschränkungen voraus, daß dadurch die wirthschaft— 
lichen Vortheile des Anschlusses ernstlich in Frage gestellt erschienen. 
Preußen hatte an dem Zollverein dadurch, daß Oecsterreich 
sich von der Führung und Förderung der materiellen Interessen 
des deutschen Volkes gänzlich fern gehalten hatte, einen außer— 
ordentlichen Zuwachs an allgemeiner politischer Bedeutung er— 
halten. Die Preußen zugefallene Leitung der materiellen Interessen 
konnte einen mächtigen Hebel darstellen, um Oesterreich mit der 
Zeit auch von der Leitung des Deutschen Bundes zu entfernen. 
Daher war es natürlich, daß Preußen nichts weniger als geneigt 
war, die Leitung des Zollvereins mit Oesterreich zu theilen oder 
ihm gar die erste Stelle zu überlassen. Oesterreich selbst aber 
unterließ es, die Annäherung an den Zollverein durch eine 
Reform seines Zollwesens zu fördern. Die schwachen Anläufe 
in dieser Richtung verliefen im Sande, und der im Jahre 1847 ein— 
geleitete Versuch der Einbeziehung Ungarns in den allgemeinen
	        
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